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vorlaufZwei Gangster im Schnee

„Sehnsucht nach Jack“ (ARD, 23 Uhr)

Der Kleinganove ist bieder geworden und sucht nur eins: Ruhe. Doch da kommt die Vergangenheit in Form zweier Exkollegen an und hindert ihn entschieden. Genau wie Millionärsgöre Elisabeth. Die will auch nur eins: ausreißen, normal und seine Geliebte werden. So gibt Jack (sanftäugig: Kai Wiesinger) einen ziemlichen Pechvogel ab und dazu noch den Freiheitsprinz für ein höheres Töchterchen mit Drachenmutter.

Im komplexen Kleinkrieg verstrickt, schlingern die beiden gen Finnland, unterwegs zu Jacks letztem Coup. So wie sonst in finnischen Filmen geht es aber nicht zu. In „Sehnsucht nach Jack“ wird viel geredet. Doch Mika Kaurismäki, der einen berühmten Bruder namens Aki hat, führte hier bei einem deutschen Film Regie. Und so wartet die plätschernde Geschichte mit allerlei Überdrehtheit auf: Die deutsche Oberschicht verhandelt auf dem Weg nach Sylt am Telefon Brilliantenkäufe. Üble Gestalten trinken Curacao Blue. Und der gute Jack steht nach seiner Auszeit wieder mit beiden Beinen in der Unterwelt. Nervtötende Girl-Power nimmt er in Kauf.

Marie Zielcke muss als Elisabeth nicht viel mehr sein als niedlich und Zicke in Höchstform. Später wird sie Jack auch noch Moralpredigten halten – schade nur, dass Dreitagebart-Wiesinger der Gangster nicht abzunehmen ist. Selbst im verruchtesten Augenblick kommt er noch daher wie ein Bibliothekar. Es kommt, was klassische Straßenstories so mit sich bringen: Verfolgungsjagden, Motelzimmer, Werkstatt, Fahrerhaus. Keimende Liebe der beiden Problemchen-Löser Jack und Elisabeth. Nur der zweite Teil im winterlichen Finnland bringt Abwechslung zu den Straßen und Weiden Norddeutschlands. Aber ganz Roadmovie will der Film auch nicht sein. Vielmehr Parodie, das Zwinkern zum Genre. Deswegen sind Menschen überspitzt, Begegnungen unrealistisch und Dialoge überzeichnet. Das alles mag als dezentes Stilmittel interpretierbar sein, lustiger kann es das Ganze aber nicht machen. Dafür bleibt Wiesinger zu unentschieden und großes Gefühl gleich unbeachtet. Für ein einigermaßen packendes Roadmovie reicht die Spannung keinesfalls. Ein Film wie ein finnischer Grenzübergang. MARGARETE STEFFEN

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