Zurückgetretener Rainer Speer: Der Minister und die Rocker
Bevor Rainer Speer als brandenburgischer Innenminister zurücktrat, lieferte er sich eine Schlacht mit dem Springer-Verlag. Am Donnerstag trafen sich die Anwälte vor Gericht.
Der SPD-Politiker Rainer Speer ist am Donnerstag von seinem Amt als brandenburgischer Innenminister zurückgetreten. Er galt bereits als sicherer Nachfolger von Matthias Platzeck als brandenburgischer Ministerpräsident. Mit dem Rücktritt reagierte Speer auf zahlreiche private und politische Vorwürfe, die in den letzten Wochen vor allem von Bild und Spiegel veröffentlicht worden sind. Vor allem mit den Springer-Medien hatte Speer zuvor einen Kampf mit sehr robusten Mitteln ausgefochten.
Nach Berichten von Bild Online soll Speer ein uneheliches Kind mit einer Landesbediensteten haben. Die Mutter habe beim Jugendamt den Vater aber nicht angegeben und über Jahre staatliche Hilfeleistungen bezogen. Aus E-Mails, die die BZ veröffentlichte, geht jedoch hervor, dass die Frau mehrere Jahre Unterhalt von Speer eingefordert hat. Speer lehnte jede Stellungnahme zu den Anschuldigungen mit Hinweis auf seine Privatsphäre ab. Vor dem Landgericht Berlin erwirkte er am Dienstag eine einstweilige Verfügung gegen den Axel Springer Verlag.
Für den Ursprung der Anschuldigungen hat Speer eine andere Erklärung. Verantwortlich macht er eine Rockerbande, die im vergangenen Oktober sein Laptop aus dem Kofferraum seines Dienstwagens gestohlen haben soll. Speer sagte, dass die Bande private Daten an die Presse verkauft habe. "Ob es sich dabei um authentisches oder manipuliertes Material handelt, weiß ich nicht", spekuliert Speer in einem Interview mit Spiegel Online. In seiner aktuellen Ausgabe berichtet der Spiegel von der Laptop-Affäre. Laut dem Magazin habe man im Rockermilieu zunächst keine Verwendung für die Daten gehabt. Erst ein Berliner Geschäftsmann, der mit einem der Rocker befreundet sein soll, habe den Kontakt zur Bild hergestellt.
Die Frage nach den Daten auf dem gestohlenen Laptop stand gestern auch im Zentrum der Revisionsverhandlungen zwischen Speer und dem Axel Springer Verlag im Berliner Landgericht. Speers Anwalt Johannes Eisenberg berichtete von einer DVD, die dem LKA anonym zugespielt worden sei. Die Daten darauf seien höchst widersprüchlich. "Die Frage der Echtheit stellt sich jetzt noch dringender", warnte Eisenberg und verwies auf die Hitler-Tagebücher. Springer-Anwalt Jan Hegemann lehnte diesen Vergleich ab, denn im Falle Speer bestünden bei den Redakteuren selbst Zweifel an der Echtheit der Dokumente. Ob an den Dokumenten manipuliert worden sei oder nicht, sei jedoch nicht von Belang. Viel wichtiger sei, ob die Vorwürfe des Sozialbetrugs inhaltlich stimmen, so Hegemann.
Neben den privaten Betrugsvorwürfen machte Speer schon seit Wochen eine andere Affäre zu schaffen. In seiner Zeit als Finanzminister hatte Speer ein Kasernengelände in Potsdam für rund 4 Millionen Euro an Investoren verkauft. Die Opposition vermutete Vetternwirtschaft, denn in das Geschäft sollte laut Berliner Morgenpost auch Thilo Steinbach involviert gewesen sein. Steinbach ist Vorstandsmitglied des SV Babelsberg 03, dessen Präsident Rainer Speer ist. Dieser trat am Donnerstag gegen 15 Uhr in Potsdam zurück, da ging die Verhandlung im wenige Kilometer entfernten Berliner Gericht gerade zu Ende. Die einstweilige Verfügung gegen Springer ist aufgehoben worden.
Leser*innenkommentare
Niedermeyer
Gast
RA Johnny Eisenberg (zufällig auch für die TAZ tätig) tobt. Einstweilige Verfügung gegen die Bild aufgehoben!
chris
Gast
Er mag Dreck am Stecken haben, der Herr Speer. Doch das Bild-Redakteure bzw. BZ-Redakteure Informationen veröffentlichen, an denen selbst die wahrheit bezweifelt wird entspricht m.M.n. nicht einer gründlichen Recherche.Die Story muss laufen, ohne Rücksicht auf Verluste, Rendite statt Recherche!
Bravo Bild!
vic
Gast
Textauszug:
"Nach Berichten von Bild Online soll ..."
Wenn jemanden interessiert, was Bild oder Bild Online schleimt, soll er`s bitte dort lesen.
Tomate
Gast
Und noch was: heutzutage sollte jeder in der Lage sein, zumindest sensible Daten auf Laptop & USB-Stick zu verschlüsseln. Zumindest jeder, der meint, andere wollten ihm vielleicht mal übel ...
Ist ganz einfach, wenn man das Prinzip verstanden hat:
TrueCrypt (OpenSource, http://www.truecrypt.org/)
Und hier die Anleitung für den Schnelleinstieg. Für den normalen Benutzer reicht dies: http://www.mediauser.de/anleitung-festplatte-mit-truecrypt-verschluesseln/ ...
-> ... und gleich zum Absatz "TrueCrypt Container erstellen" runterscrollen. Die Beschreibung ist für eine ältere Version, funktioniert aber auch bei der neuen.
Um die Daten dann dennoch zu knacken, bräuchte man schon James-Bond-Methoden ...
Tomate
Gast
Wieder eine schmutzige und kriminelle Intrige, die zum Erfolg geführt hat. Und wiedesar mal zeigt der Springer-Verlag, welch segensreiche Rolle er in unserer Gesellschaft spielt ...
vic
Gast
"Erst ein Berliner Geschäftsmann, der mit einem der Rocker befreundet sein soll, habe den Kontakt zur Bild hergestellt"
Also bitte, was ist das denn für eine Räuberpistole.
Speer darf gerne zurücktreten, aber auf der Anklagebank sollte hier (wie so oft) Bild sitzen.