Zur deutschen Werften-Fusion: Werften-Monopol gegen Bremerhaven?
■ Eine Werften-Fusion hätte Folgen für Bremerhaven – welche, das ist offen
In der Werftindustrie bahnt sich ein schlagkräftiges Bündnis der nach der Vulkan-Pleite übrig gebliebenen führenden deutschen Schiffbauer an. Die Preussag AG (Hannover) und Thyssen AG (Düsseldorf) wollen in der kommenden Woche über eine verstärkte Zusammenarbeit reden. Die Preussag-Tochter HDW (3.000 Beschäftigte) in Kiel soll im Falle einer Fusion die Führung des Werftenkonzerns übernehmen, erklärte Preussag-Sprecher Otmar Winzig.
Seit längerem geht man davon aus, daß sich der Thyssen-Konzern von seinen beiden Schiffbau-Standorten, Blohm&Voss in Hamburg und der Werft in Emden (1.500 Beschäftigte), trennen will. Bei der Reparaturwerft Blohm&Voss ist die Zahl der Arbeitskräfte schon seit 1995 von 3.400 auf ca. 1.700 abgebaut worden. Die polnische Billig-Konkurrenz macht dem Reparaturgeschäft zu schaffen.
Mit einem deutschen Werften-Konzern würde vor allem im Rüstungsbereich ein Monopolentstehen. Die drei Werften teilen sich derzeit den Fregatten-Auftrag, nachdem der Vulkan ausgeschieden war. Die Lürssen-Werft ist an dem Fregatten-Projekt nur noch als Subunternehmer beteiligt; Friedrich Lürssen hat kürzlich erklärt, „keine 70“Beschäftigten der Konstrukteure aus der Marine-GmbH des Vulkan würden übernommen.
Der neue Konzern würde über die gesamte Produktpalette verfügen. Es gibt daher keinen Grund, die beiden verbliebenen Bremerhavener Werften in die neue Struktur einzubeziehen. Während die Lloyd-Werft für ihre Reparatur-Tätigkeit spezifische Kunden-Kontakte hat und in ihrem Marktsegment als gute Adresse gilt, hat der Konkursverwalter die Rothschild-Bank beauftragt, Investoren und Käufer für die Seebeck-Werft zu suchen. Wenn im Oktober die zweite Cotounav-Fähre abgeliefert ist, dann „kommt in jedem Fall ein dickes Loch“, meint der Werften-Spezialist von der Universität, Heiner Heseler. Zwar bemüht sich die Werft um neue Aufträge und hat auch Chancen, aber das wäre einfacher, wenn die Eigentümer-Frage schneller geklärt werden könnte.
Ob die neu aufgeflammte Debatte um die Fusion von Thyssen und Preussag Auswirkungen auf die Seebeck-Werft hat, gilt deshalb auch im Bremer Rathaus als offen. Denn auch ein besonderes Interesse eines Werften-Verbundes an der Seebeck-Werft könnte gefährlich sein – ohne erheblichen Kapazitäts- und Arbeitsplatzabbau macht eine Fusion selten Sinn. Andererseits könnte nun die Meyer-Werft in Papenburg die große Werften-Fusion, bei der sie außen vor ist, als Anlaß sehen, sich stärker für den Bremerhavener Standort zu interessieren.
Eine Fusion hätte nach Worten des Schweriner Wirtschaftsministers Jürgen Seidel (CDU) auf die Werften in Mecklenburg-Vorpommern zunächst keine Auswirkungen. Für die Ost-Werften, für die ein neuer Käufer gesucht wird, bestehen durch die Auflagen der EU erhebliche Kapazitätsbeschränkungen. Deshalb hatten sich HDW und Preussag Anfang der 90er Jahre schon nicht für sie interessiert und dem Vulkan den Treuhand-Kuchen überlassen. K.W.
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