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■ Zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes, RAF-Gefangene nicht vorzeitig aus der Haft zu entlassenAus der Traum

Die Gerichte sind unabhängig – das hat der Karlsruher Bundesgerichtshof mit seiner Entscheidung, die Beschwerden der in Celle inhaftierten RAF-Gefangenen zu verwerfen, noch einmal deutlich gemacht. Das ist allerdings auch das einzige, was an diesem Entscheid positiv genannt werden kann. Gravierender ist schon das Signal, das mit dem BGH-Beschluß über die weitere Zukunft der sogenannten „Kinkel-Initiative“ gesetzt wird: Die Fronten verhärten sich also weiter.

Die Celler Gefangenen Dellwo, Taufer und Volkerts haben wiederholt und eindeutig erklärt, im Falle ihrer vorzeitigen Haftentlassung nicht mehr zu den Mitteln der bewaffneten Politik zurückzukehren. Dem Oberlandesgericht Düsseldorf hatte dies trotzdem nicht ausgereicht. Es hat auf einer sinnlosen psychiatrischen Begutachtung der Inhaftierten bestanden – und als diese sich weigerten, dabei mitzuziehen, hat das OLG alle Träume von einer vorzeitigen Freilassung platzen lassen.

Die Hoffnungen derer, die der ins Stocken geratenen Kinkel-Initiative neues Leben einhauchen wollten, ruhten anschließend auf dem Bundesgerichtshof. Er sollte der Beschwerde der Gefangenen stattgeben, den Beschluß des Oberlandesgerichtes aufheben und die Entscheidung über eine Haftentlassung an einen anderen Senat des Düsseldorfer Gerichtes zurückverweisen, damit dieser dann eine andere Entscheidung hätte treffen können. Doch der dritte Strafsenat des BGH machte ganz einfach nicht mit.

Wundern darf man sich darüber auch nicht allzusehr. Zwar sind die Gerichte unabhängig, sie agieren aber nicht unabhängig von der politischen Entscheidungsebene. Die Initiative des früheren Justizministers Kinkel, der über eine vorzeitige Haftentlassung einzelner RAF-Gefangener den Weg für ein politisches Ende des RAF-Terrorismus zu öffnen suchte, scheitert derzeit nicht – wie es im Moment erscheinen möchte – an den Gerichten, sie scheitert am mangelnden politischen Willen in Bonn. Beleg: Das Bundeskanzleramt verweigerte dem Bundespräsidenten die politische Rückendeckung, als es darum ging, ob der haftunfähige Gefangene Bernd Rößner begnadigt werde oder nicht. Weizsäcker zog anschließend eine bereits zugesagte Begnadigung zurück. Mangelnde politische Courage zeigte sich auch, als die Karlsruher Bundesanwaltschaft neue Gerichtsverfahren gegen mehrere schon zu lebenslanger Haft verurteilte Gefangene anstrebte.

Das Bundesjustizministerium hätte dies als vorgesetzte Behörde verhindern können. Es tat es nicht. Es ist ein Irrtum zu glauben, die Justiz wollte oder könnte die politischen Fehlentscheidungen in Bonn korrigieren. Wolfgang Gast

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