Zum Tode Aaron Swartz': Das Wunderkind der Netzwelt
Mit Aaron Swartz hat sich eine feste Größe der Netzwelt das Leben genommen. Die Betroffenheit unter Freunden und Kollegen ist groß.
Mit nur 26 Jahren hat Aaron Swartz sich am Freitag selbst getötet. Die Netzszene ist betroffen, vom Schriftsteller Cory Doctorow bis zum WWW-Erfinder Tim Berners-Lee: Sie betrauern den frühen Tod eines Menschen, der das lebte, was sie mit dem Netz verbinden.
Kann man die Welt verändern, wenn man für andere noch ein Kind ist? Aaron Swartz konnte. Er habe einen Computer gehabt, bevor er 1986 geboren wurde, scherzte er. Sein Vater betrieb eine Softwarefirma, die Familie lebte in einer kleinen Stadt im Mittleren Westen der USA. Mit guten Voraussetzungen sei er in die Welt gestartet: weiß, männlich, Amerikaner. Das Kind Aaron begeisterte sich für Technik und Computer, war wissbegierig. „Ein großer Teil dessen, was Menschen Intelligenz nennen, ist am Ende Neugierde“, sagte er 2007. Da war er 21 und bereits eine feste Größe in der Netzwelt.
Mit 13 schrieb er seine erste größere Software, gewann einen Preis. Die Idee: Menschen sollten gemeinsam an einer Enzyklopädie schreiben. Nicht seine Version, sondern die von Jimmy Wales angeschobene Wikipedia machte später das Rennen. Was ihn nicht weiter störte, denn er war bereits auf anderen Pfaden unterwegs.
Viel zu entdecken und zu gestalten
Warum sollten Nutzer Webseiten besuchen – statt anders herum? Swartz schrieb mit 14 an einem technischen Standard mit RSS. RSS heißt Really Simple Syndication – wirklich einfaches Zusammenführen.
Er schrieb an Reddit mit, der größten Internetseite der Welt, auf der Nutzer Hinweise darauf geben, was interessant oder unterhaltsam sein könnte. Nichts fesselte ihn lange, viel zu viel gab es zu entdecken und mitzugestalten.
Überzeugt, dass Informationen frei sein müssen, arbeitete er am Creative-Commons-Lizenzmodell mit. Swartz „befreite“ Teile der kostenpflichtigen US-Gerichtsdatenbank Pacer und stellte sie ins Netz. Gleiches befand er für Forschungsinhalte: Sie sollten frei zugänglich sein. Swartz lud 2010 angeblich 4,8 Millionen wissenschaftliche Artikel aus der Datenbank JSTOR, um sie zu „befreien“. Das Massachusetts Institute of Technology (MIT) zeigte ihn an: Er habe sich Zugang zum Netzwerk des MIT verschafft.
Es drohten bis zu 35 Jahre Gefängnis und eine Million US-Dollar Strafe. Im April sollte der Prozess gegen ihn beginnen. Swartz’ Familie gab am Wochenende der Staatsanwaltschaft und dem MIT eine Mitschuld an seinem Suizid.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Rücktrittsforderungen gegen Lindner
Der FDP-Chef wünscht sich Disruption
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht