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Zum Tod von Charlton HestonDer erste "letzte Mann"

Ein Durchhalter im Dickicht: Charlton Heston, berühmt für Sandalenfilme, berüchtigt als Waffennarr, ist gestorben.

Charlton Heston gibt den Galeeren-Sklaven in "Ben Hur" und kassiert dafür einen Oscar. Bild: ap

Charlton Heston war einmal der letzte Mensch auf Erden. In "Der Omega-Mann" spielte er 1971 die Rolle, die kürzlich Will Smith neu interpretiert hat: den Überlebenden einer globalen Katastrophe, allein in den Resten der Zivilisation, ein Durchhalter im Dickicht der Elemente. Es war eine passende Rolle für einen Schauspieler, der sich in seinen späten Jahren zunehmend auch zu einem Ideologen des Naturzustands gemacht, zum Fürsprecher eines sehr amerikanischen Begriffs von Freiheit. Ein Mann passt am besten auf sich selbst auf, es ist ein Fehler, sich von der Gesellschaft etwas zu erwarten.

Heston wurde zum berühmtesten Vertreter der Waffen-Lobby in den USA, für die National Rifle Association hielt er Vorträge, und er verteidigte das Recht auf eine geladene Waffe im eigenen Heim auch gegenüber Michael Moore, der sich unter dem Vorwand Einlass bei Heston verschafft hatte, er wäre einer von seinem Schlag. Es wurde einer der letzten großen Auftritte des Hollywood-Stars, ein Zwiegespräch in dem Dokumentarfilm "Bowling for Columbine" - hier der ewige Slacker Moore, da der aufrecht sitzende und auch in hohem Alter noch gestählt wirkende Heston. Zwei Generationen, aber auch zwei Flügel des politischen Establishments in den USA. Der Rechtsliberale Heston, der sich in den Jahren des Schauspielerpräsidenten Ronald Reagan am besten vertreten sah, und der Linkspopulist Moore.

Viel kam nicht heraus bei dem Gespräch, allenfalls die Bloßstellung eines Idols, dessen Zeit schon lange abgelaufen war. Die Momunentalfilme, mit denen Charlton Heston in den Fünfziger- und Sechzigerjahren berühmt geworden war, sind längst in das Nachmittagsprogramm der Fernsehsender verschwunden. Der Moses in "Die zehn Gebote", der jüdische Prinz Ben Hur in dem gleichnamigen Schinken von William Wyler, Johannes der Täufer in "The Greatest Story Ever Told", Michelangelo in Carol Reeds "Inferno und Ekstase", der Zirkusdirektor in "The Greatest Show on Earth" von Cecil B. DeMille oder der legendäre spanische Freiheitskämpfer in "El Cid" von Anthony Mann - das waren die Rollen, in denen Heston den Typ des "monolithischen" Schauspielers ausprägen konnte. Dabei schien die Karriere des 1924 geborenen Charles Carter anfangs auf das kleine Format hinauszulaufen. Er arbeitete viel für das junge Medium Fernsehen. 1959 besetzte Orson Welles ihn kühn gegen den Typ des weißen Helden: In dem grandiosen Grenzstadtthriller "Touch of Evil" spielte er den mexikanischen Polizisten Mike Vargas, mit Pomade im Haar und angeknackstem Machismo. Hier ging es genau um die "mixed ethnicity", die er später im Gespräch mit Michael Moore erwähnen sollte, wobei er seine ambivalente Rolle von damals vergessen hatte.

Im Western-Genre brachte er es zu keiner wirklich definitiven Figur. Immerhin hatte er 1966 die Hauptrolle in Sam Peckinpahs "Major Dundee", einem Bürgerkriegswestern mit schwieriger Produktionsgeschichte, der Heston wieder in das gemischt-ethnische Feld führte: Er reitet mit einer losen Truppe nach Mexiko gegen versprengte Apachen.

Es wird kein Zufall sein, dass er für einen anderen Rollentypus eindringlicher in Erinnerung geblieben ist. Der Astronaut George Taylor, der 1968 auf dem "Planet der Affen" landete, war auch einer dieser letzten Menschen, zu denen Charlton Heston sich anscheinend besonders berufen fühlte. In "The Omega Man" gibt es diese tolle Szene, in der Heston sich einen Film ansieht. Er ist allein in einem Kino, die Dialoge spricht er laut mit. Es ist "Woodstock", der Musikfilm über eine Generation, die den neuen Naturzustand mit einem Zeltlager im Dreck zu verwechseln geneigt war. "They dont make pictures like that anymore", murmelt Heston in diesem Moment, ein großartiger, ironischer Satz, der sich anders bewahrheitet hat, als um 1970 zu erwarten war.

Das "monolithische" Spiel, das Charlton Heston geprägt hat, ist heute die Regel im amerikanischen Kino. Letzte Männer dominieren das Geschäft. Charlton Heston, der erste "letzte Mann" Hollywoods, ist am Samstag im Alter von 84 Jahren in Los Angeles gestorben.

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4 Kommentare

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  • M
    Markus

    Heston war kein Waffennarr und auch kein Spinner.. kein Wohltäter und kein Linker (wenn hier gleich wieder Anfeindungen kommen sollten).

    Bürgerrechtler von Anfang bis Ende und amerikanischer Demokrat.

    Herr M. Moore hat einen schwer kranken Mann weltweit blosgestellt (nicht er sich selbst wie behauptet.. da wird mir übel).

    Durch wilde Schnitte einen Menschen verzerrt, wie dass nichtmal Herr Schere höchstpersönlich besser zustandegebracht hätte.

    Ein Mann der mit Dr. Martin Luther King, Jr. zusammenarbeitete um die schwarzen Bürgerrechte auch durch seine Präsenz als damals anerkannter, weißer Star, in der Öffentlichkeit zu fördern und zu fordern (brachte Heston damals nicht nur Freude.. war nicht sehr angesagt sich so zu engagieren), ein Mann der am großen Bürgerrechtsmarsch zu Washington teilnahm und vor Bars und Gaststätten Präsenz zeigte um dort zu demonstrieren, weil jene rassistischen weißen Besitzer keine Menschen dunkler Hautfarbe bedienen wollten, verdient so einen Bericht und solche dümmlichen Äußerungen nicht.

    Aber typisch.. für die heutige Zeit.. genau wie in Planet der Affen thematisiert.

     

    Die NRA (wissen die Deutschen ja soviel drüber) wurde begründet um Menschen aller Hautfarbe die Möglichkeit zu geben, ihr Leben, Hab und Gut zu verteidigen und positionierte sich immer klar gegen den Rassismus des Südstaatentums (das frühere Feindbild vieler Konförderierter / Nordstaatler. Die NRA wurde kurz nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg von Offizieren der Union gegründet. Die Organisation wurde vom Ku-Klux-Klan als Feind betrachtet.

    Bürgerrechtler Heston.. sonst nichts.. kein Verrückter und auch kein Nazi, ganz im Gegenteil.

     

    Heston wurden in Bowling for Columbine von Moore Wörter in den Mund gelegt und Teils wurden diese auch aus verschiedenen Reden zusammengeschustert, um ein ganz bestimmtes Bild dieses schwer an Alzheimer erkrankten Mannes zu zeichnen.

    Kein Wort davon in diesem armseligen Bericht.

    Verstehe sowas nicht.

    Weiterhin war wie schon ein Vorredner erwähnte, ganz richtig "Vincent Price" der erste letzte Mann.. danach Heston. Später gabs dann noch Filme wie Quiet Earth (eine interessante Variante aus Neuseeland) und dann der neuerliche Film mit W. Smith.

    Heston forderte bis zuletzt Gleichberechtigung und welches Zerrbild von diesem unbequemen Menschen zuletzt gezeichnet wurde und weiterhin gezeichnet wird, ist eine Schande.

    Jeder kann sich ja mal ansehen wie die NRA gegründet wurde, gegen was sie sich Aussprach und was gerade Minderheiten von ihr hielten, die von Südstaatenseite versklavt wurden.

    Was Heston so alles unternahm.. da muss man sich nicht auf solchen Stuss hier verlassen. Gibt wahrlich bessere Quellen.

    Das Zitat "from my cold dead hands" erwähnte Heston beispielsweise mal in einer Danksagung für ein ihm überreichtes Geschenk (Gewehr.. ein Sammlerstück das ihm überreicht wurde).. und zwar zu einem ganz anderen Zeitpunkt als das Moore in seinem "Dokumentarfilm" darstellte und eher als witziges Beiwort zitierte er jemanden. Der Satz stammt nicht von Heston selbst. Sozusagen ein Insider.. lol.

     

    Heston war später immer konservativer, richtig.. aber immer auf Seiten der Bürgerrechte, freien Wählers und immer auf seiten der Demokratie.

    Leute die was anderes behaupten sollten sich schlau machen und nicht dauernt nachplappern was einem auch durch deutsche Medien vorgesetzt wird. Zumindest damit hatte Moore Recht. Sich selbst ein Bild machen.. auch Mooer hinterfragen. Heston sicherlich auch.. keine Frage.

    Planet der Affen und Der Omega Mann.. jeder kann sich da mal "einssehen", ob jemand wirklich solche Filme spielte, die damals keiner finanzieren wollte, weil sie ein Risiko darstellten (zumindest bei Planet der Affen war dies so).

    Ein unbequemer, freidenkender Demokrat und Freund von freien Menschen ist gestorben. Ein Mensch der zur damaligen Zeit für Schwarze in Amerika zusammen mit Dr. King Partei ergriff und sich bis zuletzt immer für die Gleichberechtigung der Schauspieler egal Welcher Hautfarbe aussprach.. ein großer Schauspieler.. und kein Bekloppter Killer ist von uns gegangen.

    Möge er in Frieden Ruhen und seine Familie, die sich in den letzten Stunden um ihn sorgte.. all den Käse der letzten Jahre miterleben musste.. sich wieder erholen.

     

    Seine Filme sprechen für sich.. besonders die beiden erwähnten.

  • J
    Joxx

    jetzt is es wohl soweit !?

     

    from my cold, dead hands

  • N
    Nils

    Also wenn Sie meinen, Charlton Heston hätte als Erster die Rolle des "letzten Mannes" auf der Welt gespielt - das war Vincent Price ("The Last man on Earth" aus dem Jahr 1964)...

  • P
    Peter

    Hier äussert sich Heston, warum er von links nach rechts rutschte: http://www.hossli.com/articles/1997/05/22/«die-demokraten-sind-nach-links-gerutscht»/