■ Zum Streik der StudentInnen: Falsche Freude
Was gestern im Wissenschaftsausschuß beschlossen wurde, kann nicht als Erfolg für die streikenden StudentInnen gewertet werden. Natürlich ist der harte Staatseingriff weg. Der Senator selbst darf nicht, wie geplant, direkt in die Studiengänge eingreifen. Aber das Parlament hat nun festgelegt, wie viele Semester ein Studium dauert, wann die Prüfung nachgeholt wird, welche Prüfungen und Beratungsgespräche stattzufinden haben. Netto bleibt es also dabei: Der Staat holt einen Lebensbereich näher an sich heran. Nicht mehr die Betroffenen, die an der Uni Arbeitenden und Lernenden, bestimmen darüber, wie ihre Bildung durch Wissenschaft überprüft wird. Nein, da reden der Senator und seine Beamten nun massiv mit. Die Tendenz der letzten 20 Jahre, daß die Parteien immer mehr in die Autonomie der Hochschulen eingreifen, setzt sich fort.
Statt eine Demokratisierung durch eine Ausweitung der Mit- und Selbstbestimmung der Beteiligten zu beschließen, ordnet sich das Parlament vollkommen kurzsichtig dem Diktat des Rotstifts unter. Was dabei herauskommt, sieht man an dem völlig sachwidrigen Entschluß zur Zahnmedizin. Er war auf den Weg gebracht worden, um Geld zu sparen. Daß das auf die schnelle nicht möglich war, wußte eigentlich jeder. Nun aber wurde die Zahnmedizin mit einem idiotischen Amalgam aus Interessenpolitik und Inkompetenz völlig verklebt: Die gut angesehene Zahnmedizin der FU wurde zerrissen. Sie ist kein eigener Fachbereich mehr. Dafür wird die Charité nur halb geschlossen. Sie aber hätte man entweder vollständig renovieren müssen – oder zumachen. Alle Zwischenlösungen sind widersinnig. Aber sie werden Gesetz. Warum? Weil die Politik sich eine schnelle Lösung vorgenommen hatte und sie gegen den Willen der Beteiligten durchgedrückt hat. Christian Füller
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