■ Zum Polizeieinsatz an der FU: Demokratieunfähig
Herzlichen Glückwunsch, Genossen und Genossinnen vom Asta der Freien Universität! Erfolgreich habt ihr verhindert, daß ein wissenschaftlicher Renegat Tausenden von gutgläubigen Studierenden den Kopf verdrehen und sie sodann skrupellos in den sicheren Aids- Tod schicken konnte. Der Gastvortrag des Aidsforschers Peter Duesberg wurde vorgestern abend durch einen Polizeieinsatz abgebrochen, weil ihr mit beispiellosem Mut vorangegangen seid und den „Technikraum“ mit der Schaltanlage für die Saalmikrofone besetzt und verbarrikadiert habt. Statt lautem Jubel müssen wir jetzt jedoch ein andauerndes Gejammer und Gewimmer aus den Asta- Räumen vernehmen: Sauerei, Polizeigewalt, drei Asta-Mitglieder festgenommen, böse Universitätsleitung.
Habt ihr mal durchgezählt, wieviel Tassen bei euch noch im Schrank stehen? Langsam nimmt diese Art körperlichen Umgangs mit politisch mißliebigen Personen überhand. Katharina Rutschky wird wegen ihrer Thesen über „den Mißbrauch des Mißbrauchs“ verprügelt, Wiglaf Droste wird wegen seiner politischen Freundschaft zu Frau Rutschky verhauen, Peter Duesberg soll nicht öffentlich auftreten dürfen, weil er sich nach den Worten des Asta, der Allgemeinen Stabsstelle zur Aussonderung qualitativ minderwertiger Wissenschaft, „außerhalb jeden wissenschaftlichen Diskurses gestellt hat“. Die Göttin sei meine Zeugin, daß ich sowohl Katharina Rutschkys, Wiglaf Drostes als auch Peter Duesbergs Ergüsse und Überzeugungen von Herzen verabscheue. Aber es zeugt von Demokratieunfähigkeit, wenn man dem politischen Gegner a priori das Rederecht abspricht – „Reaktionären vom Schlage Duesberg darf kein Raum gegeben werden“, so der Asta in seinem Mobilisierungsflugblatt –, statt sich offensiv mit ihm auseinanderzusetzen. Und von mangelndem Vertrauen in die eigene argumentative Kraft. Ute Scheub
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen