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Zum 1.März sollen sie kommenCDU forciert Netzsperren

CDU-Fraktionsvize Günter Krings hat gefordert, das auf ein Jahr begrenzte Netzsperren-Moratorium nicht zu verlängern. Er begründete dies mit aktuellen Zahlen des Bundeskriminalamts.

Hält das Löschen von Kinderpornoseiten für einen Flop: Günter Krings von der CDU. Bild: dpa

OSNABRÜCK dapd/taz | Die Union fordert Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) auf, die ausgesetzten Internet-Sperren gegen Kinderpornografie zum 1. März wieder einzuführen. Die von der Koalition vereinbarte Aussetzungsfrist von einem Jahr für Netzsperren läuft Ende Februar aus. Die CDU/CSU-Fraktion begründet ihren Vorstoß mit aktuellen Zahlen des Bundeskriminalamts (BKA).

"Der einseitige Ansatz des Löschens von Kinderpornoseiten hat sich als Flop erwiesen", sagte Fraktionsvize Günter Krings (CDU) der Neuen Osnabrücker Zeitung (Montagausgabe). Nach der Jahresbilanz des BKA, die der Zeitung vorliegt, waren die Löschversuche der Behörde im Vorjahr nur in sechs von zehn Fällen erfolgreich. 39 Prozent aller registrierten Kinderpornoseiten waren trotz Löschersuchens des BKA an die zuständigen Stellen nach einer Woche immer noch im Netz zu finden.

Die Union dringt darauf, die in der Koalition vereinbarte einjährige Testphase ohne Internetsperren nicht auszudehnen. "Die Ergebnisse nach einem Jahr sind eindeutig", sagte Krings. "Ohne Internetsperren geht es im Kampf gegen Kinderpornografie nicht."

Internetaktivist Jörg-Olaf Schäfers kritisiert das Vorgehen der Union. Er schreibt auf netzpolitik.org, die BKA-Statistik wäre "methodisch weitgehend sinnfrei". Der Verband der Internetwirtschaft, eco, wäre zu ganz anderen Ergebnissen gekommen, nämlich dass mehr als 99 Prozent der Löschversuche erfolgreich seien. Schäfers wirft dem BKA auch vor, im ersten Halbjahr eher halbherzig gelöscht zu haben.

Das im August 2010 beschlossene "Harmonisierungspapier" zur Koordination der Löschbemühungen sei überdies bis heute nicht ratifiziert. Nicht zuletzt fordert Schäfers auf netzpolitik.org eine "ernsthafte und unabhängige Evaluation", bevor "eine potentiell grundrechts- und verfassungswidrige technische Infrastruktur zur Zensur von Netzinhalten" etabliert würde.

Auch aus der Koalition selbst kommt Kritik. Der rechtspolitische Sprecher der FDP, Christian Ahrend, teilte mit, die Koalition habe sich darauf geeinigt, dass Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten ein Jahr lang nicht gesperrt, sondern gelöscht werden. Der Erlass gelte noch bis zum 30. September 2011 und könne nicht einseitig durch die CDU aufgehoben werden. Die einseitige Aufhebung der Frist zum 1. März 2011 "würde einen Alleingang bedeuten, der durch nichts zu rechtfertigen wäre".

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9 Kommentare

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  • P
    Plagiator

    Erstens sind "Sperren" technisch so wirkungsvoll wie Kloerfrischer bei Dünnsch*ss.

    Zweitens geht es in dieser Diskussion in keinster Weise um Kinder, welche für politische und wirtschaftliche Interessen genauso wie Umweltschutz seit Jahren wie Gänsebraten ausgenommen werden, sondern um Einfluss auf die Meinungsfreiheit.

    Drittens, selbst mit funktionierender Zensur im Internet, werden sich die Schatten nicht viel länger verheimlichen lassen, Wikileaks und GuttenPlag waren die Spitze des Eisbergs.

    Viertens ist die Generation, die mit dem Internet aufwuchs bei weitem nicht so dumm, wie gerne suggeriert wird, bzw. wie es sich einige Menschen in Politik, Medien und Wirtschaft wünschen.

     

    Für einige Kräfte wird es relativ bald relativ ungemütlich werden, der Plagiator kann ein Lied davon singen.

  • FB
    Franz Beer

    Das ist der Anfang der Kontrolle des Bürgers.Das Vorhaben der CDU Sperren innerhalb des Internets einzurichten zeugt von Größenwahn im www.Das Abschalten-löschen von Seiten mit Kinderpornografischen Inhalten,wird keinen pädophilen abhalten diese runterzuladen.Anstatt Seiten die mißliebig sind ,ob Ki-ponografische Inhalte oder auch Politische ,sehe Ich an als ein Kampf gegen Windmühlen,mit Argumenten die Hinken.Es ist eine einfache Überwachung des Bürgers,unter dem Mäntelchen der Vorratsdatenspeicherung. Datensammelwut ist der CDU wohl eigenViele Grüße von George Orwell.

  • MK
    Michael K.

    Und wer sagt dem Vollpfosten nun, dass mit Websperren die Quote der im Netz verfügbaren Kinderpornos bei 100% bleiben wird? Wer wegschaut, der toleriert. Wollen CDU/CSU dem Wähler also vermitteln, dass man bei Kindesmissbrauch lieber wegsieht anstatt zu handeln?

     

    PS: Danke taz.de für das Kontrollwort "keks" ... jetzt habe ich Hunger ;-)

  • P
    Peter

    Eindeutig ein Vorwand um unliebsame politische Inhalte zu sperren! Diese Politdarsteller haben einfach nur Schiss.

     

    Die freie Information und die freie Meinungsäußerung scheint ein Schreckgespenst für unsere Politdarsteller zu sein.

  • F
    firehorse

    ENDLICH.

     

    Endlich zeigt die CDU wo sie wirklich hinsteuert.

     

    Allerdings surft der größte Teil im Netz auf E-Bay-Darling-will-Dich.de, irgendwelchen Vid-Blogs und Game-Sites herum oder sitzt vor der Glotze, egal ob privat oder aus Zwangsabgaben bezahlt, und wird davon ohnehin nichts mitbekommen oder es nicht besser wissen als die Schwachköpfe die uns regieren wollen.

  • D
    Dirk

    Ich hatte Anfang diesen Jahres die Gelegenheit zu sehen, was passiert, wenn der Staat die Möglichkeit hat, Internetseiten zu sperren. Ich war geschäftlich eine Woche in Dubai. Dort wird im Internet alles mögliche gesperrt. Und zwar massiv. Darunter auch so harmlose Seiten wie wer-kennt-wen.de.

    Woran die CDU da arbeitet ist auf digitaler Basis der Eintritt in einen totalitären Staat.

    Dies zeigt ja auch deutlich, wie mit diesen BKA-Statistiken umgegangen wird. Auf offensichtliche Weise werden die Ergebnisse so gedreht, dass sie der CDU gefallen. Von vorne herein völlig an der Realität vorbei.

    Ich bin davon überzeugt, dass es den Konservativen in keinster Weise um Kinderschutz geht, sondern um effektive Zensurmethoden.

    Denn den Kindern wird nachweislich nur mit anderen Mittel geholfen.

  • I
    Ingo

    Artikel 20

     

    (4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

     

    ------------------------------------------------------

     

    Scheiß CDU!!!!!

  • A
    Andreas

    Wenn der Mann die Statistik des BKA mal etwas genauer gelesen hätte - also über den Zeitraum von einer Woche hinaus - würde er nicht so einen Dummfug reden.

    Solch ein Handeln bezeichnet man wohl als ein- oder sogar als nulldimensional.

  • F
    Frank

    Hier wird versucht unter dem Deckmantel der Bekaempfung von Kinderporografie ein staatliches Ueberwachungsinstrumentarium anzuschaffen.

    Es ist schlicht und einfach nicht zutreffend, vom Zweck "Schutz von Kindern" ausgehend, dass ein loeschen der Daten nicht erfolgreich ist.

    Bitte beachten Sie die Methode, wie versucht wird die erwiesene Wirksamkeit selbst der freiwilligen Loeschung kinderpornografischer Netzinhalte in Zweifel gezogen wird.

    Die auf Anweisung vollzogene Verschleppung der Information betroffener Provider und die Manipulation von Statistiken wird oeffentlich als "Beweis" der Forderung nach einer generellen Internetzensurmoeglichkeit genutzt.

    Und wer das kritisiert, wird moralisch als Unterstuetzer von kinderpornografischen Inhalten diffamiert.

     

    Loeschen! Dann gibts nichts mehr, was man sperren muss!

     

    Nur dann, wenn man auf den Fortbestand der Daten besteht, erscheint die gewuenschte Kontrolltechnik naemlich ueberhaupt -plausibel- ! Ich behaupte, das ist der Grund der behaupteten "Wirkungslosigkeit". Ohne Daten faellt glatt der Anlass der gewuenschten Kontrolle weg!

    Das darf natuerlich nicht passieren...