Zugang zu Nordseestränden: Eintrittsgebühren sind rechtswidrig
Gemeinden dürfen keine Gebühren von Touristen verlangen, wenn sie den Strand benutzen. So hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden.
Hintergrund des Verfahrens ist ein Streit zwischen zwei Bewohnern der niedersächsischen Nordseeküste und der Gemeinde Wangerland. Deren kommunale Touristik GmbH verlangt von Tagesgästen ein Eintrittsgeld von regulär drei Euro für das Betreten zweier von ihr gepflegter Strände auf einer Länge von rund neun Kilometern. Die Kläger dürfen nun nach dem Urteil weite Teile des Strands ganzjährig kostenfrei besuchen.
Ob sich aus dem Urteil Rückschlüsse auf entsprechende Abgabensatzungen Kommunen in Schleswig-Holstein ziehen lassen, werde erst die Auswertung der Urteilsbegründung zeigen, teilte ein Sprecher des Kieler Innenministeriums mit. Schon vor dem Urteil hieß es in einer Mitteilung: „Auf die Erhebung von Kurabgaben erwartet das Innenministerium in keinem Fall Auswirkungen.“ Die Kurabgabe knüpfe nicht an die Nutzung bestimmter Einrichtungen an.
Die Tatsache, dass die Gemeinde den Strand sauber halte und immer wieder Sand aufschütte, reiche als Begründung nicht aus, um an fast dem gesamten Küstenabschnitt eine Eintrittsgebühr zu erheben, argumentierten die Leipziger Richter. Das sei nur an solchen Abschnitten rechtens, an denen die Gemeinde etwa mit Kiosken, Umkleidekabinen und Toiletten für eine höhere Badequalität sorge. Dort müssen die Kläger auch weiter Eintritt zahlen.
Die Leipziger Richter stützten sich in ihrem Urteil unter anderem auf Artikel 2 des Grundgesetzes, der die allgemeine Handlungsfreiheit vorsieht.
Die niedersächsische Städte- und Gemeindebund stellte klar: „Die Strandgebühren waren und sind ein wichtiger Beitrag – auch nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts.“ Mit diesen Einnahmen könnten Strände erhalten und gereinigt werden. In Wangerland kämen Kosten von 800.000 Euro pro Jahr zusammen. „Wenn die Einwohner dieser Gemeinde, die knapp über 10.000 Einwohner hat, diese Kosten tragen müssten, käme pro Einwohner ein Betrag von 80 Euro zum Beispiel zur Grundsteuer dazu“, gab der Verband zu bedenken.
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