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Zivile Konfliktbewältigung

■ betr.: Leserbrief "Neue Blocklogik" von Andreas Neunert zum Golfkonflikt, taz vom 28.8.90

betr.: Leserbrief „Neue Blocklogik“ von Andreas Neunert zum Golfkonflikt, taz vom 28.8.90

Mich befremdet der abwertende Zungenschlag gegenüber den Antimilitarismusargumenten „von gestern“, die zur Begründung der Ablehnung einer Beteiligung der BRD an militärischen Operationen in der Golfregion „allein“ nicht ausreichen sollen. Ist damit unsere Kritik und unsere Verbotsforderung gegenüber Rüstungsexporten gemeint? Die ist und bleibt doch hochaktuell! Oder ist damit gemeint, daß „von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen“ darf, womit wir zum Beispiel unsere Forderung nach der Kündigung des WHNS -Abkommens unterstreichen? Im übrigen sagen wir dies ja nicht nur wegen zweier mörderischer Weltkriege, die „von deutschem Boden“ ausgingen. Wir erinnern an diese historische Schuld, um in der BRD an einem Motiv anzusetzen, das immer wieder zu globaler Friedensfähigkeit ausgeweitet werden muß.

Es stimmt, daß diese Forderungen nicht ausreichen, um von grüner Seite Lösungsvorschläge für den Golfkonflikt in der derzeitigen dramatischen Zuspitzung zu entwickeln. „Nicht tatenlos zusehen“ hieße, alle Möglichkeiten der zivilen Konfliktbewältigung, ohne jeglichen Einsatz militärischer Gewalt, auch nicht als Drohpotential, zu vergegenwärtigen und einzufordern. Sie liegen, im internationalen Maßstab, zum einem in der konsequenten und zivilen Durchsetzung des Wirtschaftsboykotts gegenüber dem Irak, was den Einsatz auch „minimaler“ militärischer Gewalt ausschließt, auch wenn der UN-Sicherheitsrat sich auf dieses Mittel mit großer Mehrheit geeinigt hat. Sie liegen zum anderen im Einsatz aller „diplomatischen Bemühungen“ auch durch friedens- und menschenrechtsbewegte Mobilisierung, inklusive UN -Initiativen zur Beilegung der in der Golfregion schon lange anhaltenden kriegerischen Konflikte, sei dies durch Nahost -Konferenzen mit gleichberechtigter Beteiligung von PLO und Israelis, sei dies durch ähnliche Initiativen zur Lösung der Kurdenfrage.

Eine „entschlossene Reaktion der Staatengemeinschaft“ darf aber doch wohl nicht in der Aufforderung zur Aufrüstung Saudi-Arabiens bestehen, oder ist Andreas Neunerts Aufforderung an die USA oder die „Staatengemeinschaft“, „sich auf die Optimierung des saudischen Oberbefehls“ zu beschränken, statt dort selber Soldaten und Waffen anzuhäufen, anders zu verstehen? Was ist denn das anderes als eine gezielte Aufforderung zum staatlich geförderten Rüstungsexport? (...)

Imma Hillerich, MdB, die Grünen, Duisbur

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