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Zitternde Berliner EisbärenAushängeschilder auf Abwegen

Vor dem entscheidenden Eishockey-Spiel gegen die Augsburg Panther zittern nicht nur die Berliner Eisbären - sondern vor allem die DEL, die ihr letztes Zugpferd zu verlieren droht.

Erfolgreiche Zitterpartie für die Berliner Eisbären Bild: dpa

Es war Ostermontag, 16.37 Uhr, als Gernot Tripcke, der Boss der Deustchen Eishockey-Liga (DEL) mindestens drei Kreuze gemacht haben dürfte. Sein letztes Zugpferd, der Deutsche Meister Eisbären Berlin, hatte im 4. Playoff-Spiel bei den Augsburg Panther 5:3 gewonnen und damit ein am Mittwoch Abend in Berlin stattfindendes, alles entscheidendes fünftes Spiel erzwungen.

Dazu muss man wissen: DEL ohne Eisbären ist wie Bundesliga ohne Bayern München. Laut einer Studie des Sportrechte-Vermarkters UFA sind die Berliner Serienmeister (vier Titel in den letzten fünf Jahren) die bekannteste Marke außerhalb der Rundlederfraktion. Die anderen - vermeintlichen - Aushängeschilder der höchsten deutschen Eishockeyliga hatten sich in den Tagen und Wochen zuvor bereits zum Gespött der Szene gemacht: Die Kölner Haie und Adler Mannheim scheiterten in den Pre-Playoffs. So nennt sich eine zweifelhafte Erfindung, um auch im unteren Tabellenviertel Hoffnung auf die Finalrunde und die damit verbundenen Mehreinnahmen zu schüren.

Doch auch das konnte weder die Hamburg Freezers (14.) und Krefeld (12.) retten. Zudem scheiterten Düsseldorf (0:3 gegen Wolfsburg) und Frankfurt (1:3 gegen Ingolstadt) glatt im Viertelfinale. Wären die Berliner bereits am Montag in Augsburg aus dem Wettbewerb geflogen, hätte im Halbfinale kein einziger ehemaliger DEL-Meister gestanden. Der GAU für eine Sportart, die zuletzt auch bei Olympia ein trauriges Bild aus deutscher Sicht bot.

Dabei war in Augsburg alles für die Sensation angerichtet: Der David (rund 3,5 Millionen Euro Etat) kam mit einer sensationellen 2:1-Führung ins heimische Curt-Frenzel-Stadion, nachdem man beim Goliath (rund 6,5 Millionen) das dritte Spiel der Best-of-5-Serie gewinnen konnte. "Auf diesen Tag haben wir 55 Jahre gewartet", so ein Zuschauer.

Für Augsburgs Manager Max Fedra (55) wäre es eine späte Genugtuung, seinem früheren Arbeitgeber, der Anschutz Entertainment Group (AEG), dem die Klubs in Hamburg und Berlin gehören, richtig eins auszuwischen. Mehr als fünf Jahre war er ein AEG-Manager, zunächst bei den München Barons, dann dem Nachfolgeklub Hamburg Freezers. Dort wurde Fedra 2002 krank, litt unter schwersten Depressionen, verbrachte Wochen in der Reha und kämpfte sich dann langsam zurück in den Alltag. Zu langsam für die AEG. Und als Fedra seinen 117-tägigen Urlaubsanspruch für die letzten Jahre geltend machte, landete man vorm Arbeitsgericht, das 2005 einen Vergleich schloss.

Dieser Tage scheint Fedra nach außen hin seinen Frieden gefunden zu haben. "Ich bin da mittlerweile schmerzfrei", betont der Bayer. "Mit dem Herrn Anschutz verstehe ich mich prima. Und die anderen sind ja letztlich nur seine Umsetzer." Trotzdem duelliert sich Fedra derzeit parallel mit beiden Anschutz-Klubs. Denn ausgerechnet die Freezers klopften pünktlich zu den Playoffs beim Augsburger Nationalkeeper Dennis Endras an - ein Schelm, wer dies als puren Zufall einschätzt. "Hamburgs Manager Richer hat sich bei Endras gemeldet, will ihn an die Elbe holen. Und das mitten in den Playoffs. Eine bodenlose Frechheit und charakterlos", wettert Fedra nicht ganz zu Unrecht.

Endras, in Augsburg noch bis 2011 unter Vertrag, brachte in den ersten drei Spielen die Berliner mit sensationellen Paraden zur Verzweiflung. "Würde mich nicht wundern, wenn das Interesse gesteuert ist, um Unruhe bei uns reinzubringen", grantelt Fedra, um dann trotzig hinzuzufügen: "Aber davon lassen wir uns nicht ablenken. Wir werden kämpfen bis zum letzten Blutstropfen."

So ganz hat sich der Manager vor dem entscheidenden Spiel seiner Panther gegen die Eisbären doch noch nicht vom Glauben an die Sensation verabschiedet - wahrscheinlich sehr zum Leidwesen von Gernot Tripcke.

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6 Kommentare

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  • O
    ole

    @Kalix

     

    Das ist doch Unsinn, auch wenn Du immer und immer wieder das Gleiche schreibst.

    Was denn für dubiose SED Gelder? Nur weil die Eisbären ein ehemaliger Ost-Berliner Dynamo Verein sind?

    Bis zur Übernahme durch die Anschutz Group standen die Eisbären mehrmals vor der Insolvenz, hatten sogar über 15 Mio an Schulden bzw. Verbindlichkeiten angehäuft... das kann man alles nachlesen und muß nicht spekulieren, ob es Aliens gibt, solange nicht das Gegenteil bewiesen ist.

  • N
    Name

    Aber gehört nicht gerade das zum Sport: Außenseiter schlägt Favoriten? Wollen denn die Eishockey-Fans in Deutschland wirklich wieder einen deutschen Meister Eisbären Berlin? oder anders: wer sagt denn der DEL, dass es finanziell furchtbar wäre, wären die Eisbären nicht mehr dabei? Die UFA? Deren Behauptung, die Eisbären seien die bekannteste Marke (auch schön, dass es eine Marke und kein Verein ist) in Deutschland außerhalb des Fußballs (ich nehme einfach mal an, dass mit dem Leder ausschließlich der Fußball gemeint ist). Ich hätte gedacht, dass Handball und auch Basketball noch vor Eishockey liegen.

     

    Für die Eisbären Berlin würde sich statt der DEL auch die KHL anbieten. Interesse soll es ja geben. Und soll die KHL wirklich Konkurrenz zur NHL werden, dann muss sie weiter nach Westen ausgedehnt werden.

     

    Dass im Zuge der Kommerzialisierung des Sports immer mehr kleinere Vereine ausgeschlossen wurden, ist sehr schade. Auch dass die Zweitligisten eigentlich keine Chance haben, ist sehr bitter. Gut, dem DEB würde ich auch keine Verantwortung mehr geben wollen, da läuft ja auch fast alles schief, aber die DEL muss ihr Konzept überdenken. In der HBL sah es ja kurzfristig auch mal ähnlich aus, als die Rhein-Neckar-Löwen und der HSV entstanden, aber dass sind zum Glück noch Ausnahmen. Dass sie wettbewerbsverzerrend sind, bleibt aber. Aber Hamburg brauchte ja unbedingt Eishockey und Handball, schließlich hat man einfach ne große Halle gebaut, die ja genutzt werden musste. Und da Bad Schwartau ja nun keine Metropole ist, sind die Handballer mal eben umgezogen (Aufkauf der Lizenz). Nun ja...zurück zum Eishockey:

     

    Ein Sport wird nicht interessanter, wenn auch in diesem Jahr der Meister wieder aus Berlin kommt. Auch wenn die Fans der Eisbären natürlich die Meisterschaft feiern möchten. (jeder Fan würde sich schließlich über regelmäßige Titel freuen, aber wenn man seine Fanposition mal verlässt, ist klar, dass für Außenstehende ein Sport interessanter wird, wenn die Liga interessant ist. (deswegen ja auch der Tod der Dorfklubs. Ob die Rechnung aufgeht, wird sich zeigen.)

     

    Anders als im Handball gibt es im Eishockey aber Traditionsvereine aus Großstädten (Köln und Düsseldorf, während Gummersbach ab und an mal in Köln spielen darf). Wenn diese nun nicht in der Lage sind, sich finanziell abzusichern, so liegt die Schuld da nicht nur bei der DEL.

     

    Und das Hopp-Bashing wird auch langweilig. Man muss ihn ja nicht mögen (und wie ich die Rhein-Neckar-Löwen hasse, aber euer Weg ist im CL-Viertelfinale vorbei!), aber er investiert in seine Region. Er hat Bezug dazu. Und wenn sein Sohn Mannheim auch toll findet, dann ist das eben so. Dann gibt es dort weiterhin erstklassig Eishockey und es wird auch weiterhin dort Handball geben.

  • S
    Sven

    @ Kalix: Das kannst du im Bundesanzeiger nachgucken. Anschütz hat über 35 Millionen in die Entwicklung der Eisbären gesteckt und bürgt für diese. Das konzept ist klar: Eisbären groß machen, Halle bauen, Halle an 26 Spieltagen voll haben.

  • K
    Kalix

    Die DEL ist sowieso nicht zu retten; sie steht für 56faches Spielmartyrium, für total überzogene Gehälter von abgehalfterten 3. klassigen Nordamerikanern. Die Symbose zwischen Team, Management und Fans fehlt fast in allen Vereinen. Das deutsche Eishockey lebt von Lokalderbys und nicht von Retortenvereinen, zu denen ich auch die Eisbären zählen. Solange das Management nicht offen legt, wie man sich im Wellblechstadium bei einem Zuschauerdurchschnitt von weniger als 4.000 finanzieren konnte, solange unterstelle ich, dass das Geld aus dubiosen SED Ecken kam. Die DEL hat die klassischen Dorfvereine stranguliert und die Traditionsvereine wie Köln, Krefeld, Düsseldorf können sich gegen die Retorten Hamburg, Nürnberg, Ingolstadt und gegen die Hopp - Finanzen nicht durchsetzen. Ändert sich nichts, haben wir in Kürze DDR Verhältnisse: Eisbären:Adler, Adler;Eisbären, Eisbären:Adler usw.

  • MM
    Mr. Muff

    Die DEL ist eine Katastrophe. Sportlicher Niedergang, langweiliger Modus, ständige Regeländerungen und die Unfähigkeit der Macher ein so tolles Produkt in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Es würde mich nicht wundern, wenn die Zugpferde aus Berlin und Mannheim sich längfristig nach einer attraktiveren Liga umsehen würden. Es gibt ja quasi nichts mehr zu holen und Mega-Multiplex-Hallen wollen schließlich gefüllt werden.

  • P
    Panther-Rob

    traurig dass es wieder nur um die Kohle und nicht um den sportlichen Erfolg geht. Mehr gibts du dem Beitrag wohl kaum zu sagen. Wenn Berlin wegen der sportlichen Leistungen weiterkommt meinetwegen. Aber nur weiterkommen damit die DEL nicht auf ein paar Euronen verzichten muss! Wo bleibt da die Freude am Sport wofür die DEL doch eigentlich stehen sollte?