piwik no script img

Zinslose KrediteDas Geschäft mit den Nullen

Unternehmen locken mit zinslosen Krediten. Diese Umsatzlücke gleichen sie allerdings mit gebührenpflichtigen Zusatzüberraschungen aus. Das Kleingedruckte hat es in sich.

Lassen Sie sich nicht von den Nullen erschlagen! Bild: dpa

Zahl doch einfach später!", kumpelte Ikea seine Kunden an. Null Prozent Zinsen sollte der Kredit für den Kauf eines neuen Möbelstücks im April kosten. Doch tatsächlich war das Darlehen gar nicht gratis. Denn für den Kredit mussten Kunden je nach Laufzeit eine Kontoführungsgebühr zwischen 19 und 39 Euro bezahlen.

"Würde man diese Kosten in den effektiven Jahreszins einrechnen, betrüge er im schlechtesten Fall 4,75 Prozent", sagt Finanzexperte Georg Tryba von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Dass Ikea und andere Unternehmen die Gebühr bei der Zinskalkulation weglassen, ist für Tryba ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung.

Tryba findet in Zeitungen immer mehr Werbebeilagen mit riesigen Nullen vor den Prozentzeichen. "Die Händler wollen mit solchen Aktionen den Umsatz ankurbeln." Dafür vermitteln die Läden den Kunden einen Kreditvertrag bei einer Bank. Dem Bundesverband Deutscher Banken zufolge bezahlen die Händler die Institute sogar dafür, dass sie keine Zinsen nehmen.

Bild: taz

Dieser Artikel stammt aus der aktuellen sonntaz vom 1./2.8.09 - ab Sonnabend zusammen mit der taz am Kiosk erhältlich.

Silke Förster gehört zu den Kunden, die davon profitiert haben und zufrieden sind. Vor knapp einem Jahr wollte die Verlagsangestellte für 600 Euro eine Waschmaschine bei Karstadt kaufen. "Ich hatte gerade nicht so viel Geld", erzählt die Berlinerin. Deshalb konnte sie auch keine Barzahlung anbieten und so vielleicht einen besseren Preis aushandeln.

Also vermittelte das Kaufhaus ihr ein Darlehen der konzerneigenen KarstadtQuelle Bank. Der zahlt Förster jetzt ein Jahr lang pro Monat 47 Euro. Die Waschmaschine benutzt sie jetzt schon. "So ein Kredit ohne Zinsen ist ja wie ein Geschenk", freut sich Förster. "Ich habe Ja gesagt, weil es keinen Haken gab."

Oft sieht die Realität aber anders aus. Der Elektrohändler ProMarkt etwa kassiert nach eigenen Angaben bei 9-monatiger Laufzeit eine "Bearbeitungsgebühr" von 9 Euro. "Aus 0 Prozent entstehen so bei einer Kreditsumme von 250 Euro für 9 Monate Zinsen in ähnlicher Höhe wie bei Ikea", rechnet Tryba vor.

Besonders offensichtlich war der Fall bei den ProMarkt-Konkurrenten MediaMarkt und Saturn, die auch Kredite an die Deutsche Bank vermitteln. Bei der Jahresabrechnung stolperten viele Kreditnehmer über "sonstige Kosten" in Höhe von 6,90 Euro. "In allen Bankunterlagen und Vertragsformularen fand sich kein Hinweis auf die Zusatzkosten", so Experte Tryba.

Ihn ärgert auch, dass manche MediaMärkte den Ratenpreis des Produktes viel größer als den Gesamtpreis schreiben. So kann neben einem Flachbildschirm groß "20 Euro" stehen, darunter klein "1.000 Euro".

Aufs Kleingedruckte fällt man eh leicht herein. Der Historiker Alexander Schug zum Beispiel hat sich bei Saturn mit einem zinslosen Kredit einen Camcorder gekauft. "Es ging in einen Extra-Raum, um das Vertragliche zu klären", erzählt er. "Was da definitiv nicht zur Sprache kam, war, dass man automatisch bei einer Tochter der Dresdner Bank ein Konto bekommt." Schug findet das nicht in Ordnung, auch wenn die Klausel im Kleingedruckten stand.

In seinem Fall hatte dieser Passus böse Folgen: "Die Bank hat mir für das Konto eine Kreditkarte und eine Geheimzahl geschickt. Die sind aber nie bei mir angekommen." Da er nichts von dem Konto gewusst habe, habe er auch nicht nachgefragt. "Später habe ich dann einen Kontoauszug bekommen: Es wurden 2.500 Euro abgebucht, und ich sollte nun zusätzlich Zinsen für einen Dispokredit zahlen."

Erst nach vielen Anrufen bei der Bank und einer Anzeige bei der Polizei habe das Institut vorerst die Belastung seines Kontos zurückgenommen. "Aber das ist noch nicht endgültig geklärt."

Dass intransparente Information solche Konsequenzen hat, ist sicher eine Ausnahme. Viel häufiger, so vermutet Verbraucherschützer Tryba, animieren Null-Prozent-Kredite Konsumenten zu riskantem Schuldenmachen.

"Die Gefahr ist, dass die, die es sich nicht leisten können, zum Kauf verführt werden", warnt er. "Wenn man mehrere Kredite etwa für Großbildfernseher, Auto oder Einbauküche bei verschiedenen Firmen mit verschiedenen Beträgen und Zahlungsterminen hat, verliert man schnell den Überblick."

Wer knapp bei Kasse ist, sollte deshalb besser auf solche Kredite verzichten. "Es kann ja auch etwas Unvorhergesehenes passieren: Scheidung, Krankheit, Jobverlust, Kurzarbeit, dafür sollte man Reserven haben." Banken und Einzelhändler kontern diese Warnung damit, dass die Kreditkandidaten auf ihre Zahlungsfähigkeit geprüft würden. Soll heißen: Wer zu arm ist, bekommt nichts.

Auch sonst sind sich die Unternehmen keiner Schuld bewusst. Ja, bei Null-Prozent-Krediten könnten Bankgebühren anfallen, bestätigt eine Sprecherin der Muttergesellschaft von MediaMarkt und Saturn. Aber in den effektiven Jahreszins rechne das Unternehmen alles ein, was der Gesetzgeber vorschreibt.

Die Gebühren gehören dieser Logik zufolge also nicht dazu. Auch die unterschiedlich großen Preisauszeichnungen in den Prospekten hält die Firmenvertreterin für vollkommen legal und "unmissverständlich".

Ähnlich verteidigt Ikea seine Kreditwerbung. "Null Prozent Zinsen bedeutet: Ich zahle keine Zinsen für den Kredit. Ob dann Gebühren fällig werden, ist davon unabhängig", sagt Sprecher Kai Hartmann. Einen Lichtblick gibt es aber für die MediaMarkt-Kunden, die die Gebühr der Deutschen Bank bezahlt haben: Ihnen zahle das Institut, so eine Sprecherin, "aus Kulanz" das Geld zurück.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

1 Kommentar

 / 
  • O
    Onsom

    Wenn das stimmt, nutzen sie eine Gesetzeslücke aus. Der ausgewiesene effektive Jahreszins sollte nähmlich die gesamte Kreditbeslastung ohne Tilgung beinhalten, somit also auch Gebüren.

    So müssen z.B. Restschuldversicherungen mit eingerechnet werden. Daher handelt es sich bei nichteinrechnung von Gebüren entweder um eine Gesetzeslücke oder schlichtweg um Betrug.

     

    In jedem Fall sollte sich mal der Verbraucherschutz darum kümmern, auch wenn es wohl wenig hilft.