: Zellstoff-Konkurs
■ Burda-Brüder scheiterten mit einer ökologischeren Zellstoffabrik
Kelheim (dpa) – Ein Jahr nach der Weltpremiere der modernsten Zellstoffabrik mit neu entwickeltem Herstellungsverfahren kommt das Aus. Die für über 530 Millionen DM errichtete Anlage im niederbayerischen Kelheim, die eine neue Ära in der Zellstofferzeugung markieren sollte, wird nach Millionenverlusten und keiner Aussicht auf einen Käufer stillgelegt und zur Industrieruine. Rund 300 Mitarbeiter verlieren ihre Arbeitsstelle, mangels Masse gibt es nicht einmal einen Sozialplan.
Erstmals sollte bei der Bayerischen Zellstoff GmbH (Kelheim), einer Tochter der Technocell AG, Zellstoff großtechnisch völlig ohne Schwefel sowie chlorfrei hergestellt werden, ein Durchbruch nach 100 Jahren Zellstofferzeugung. Über 15 Jahre forschte der Technocell-Konzern am sogenannten Organocell-Verfahren mit Papier- und Fluffzellstoffen, Basismaterial für Hygieneprodukte wie Babywindeln. Branchenexperten sprachen immer von einer technologischen Gratwanderung; der Konzern mit den Brüdern Franz und Frieder Burda als Mehrheitsaktionäre wagte das Risiko – und scheiterte. Auch der bayerische Staat sieht keine Möglichkeit für eine Subventionierung der Anlage. Das Zellstoffwerk in Kelheim krankte seit der Inbetriebnahme: Die Anlage stand aus technischen Gründen häufig still, und die Zellstoffpreise bewegen sich im Keller. Bei den Preisen trägt sich die Anlage nicht einmal bei reibungsloser Produktion.
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