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Zeitgleiche Spiele mit BundesligaAufstand in der Kreisliga

Der Sonntagnachmittag gehörte bislang Fußballklubs der unteren Ligen. Die sehen nun ihre Existenz bedroht, weil sie künftig zeitgleich mit der Bundesliga spielen sollen.

So sieht es in der Kreisliga aus: Vfb Lohberg spielt gegen Gelb Weiß Hamborn. Bild: dpa

Es ist kein Zufall, dass die Keimzelle des Aufstandes inmitten des Ruhrgebietes liegt. "Hier bei uns gibt es drei große Bundesligisten, außerdem haben wir vielleicht die größte Klappe", sagt Reiner Grundmann. Der erste Vorsitzende des Kreisligisten SC Schaffrath, einem Gelsenkirchener Stadtteilklub, ist in diesen Wochen zu bescheidener Berühmtheit gelangt. Grundmann ist einer der Initiatoren einer Protestbewegung, die sich gegen die mächtige Fußball-Bundesliga auflehnt. Die Amateurfußballer wollen verhindern, dass Bundesligaspiele am Sonntag um 15:30 Uhr angepfiffen werden. Dieser Termin soll den Spielplan in der kommenden Saison ergänzen, damit der finanziell angeschlagene Pay-TV-Sender Premiere eine weitere Partie exklusiv und live übertragen kann.

Grundmann und seine Mitstreiter glauben nun, dass dadurch die Existenz ihrer Freizeitklubs gefährdet ist. "Zu den Spielen unserer ersten Mannschaft am Sonntag um 15 Uhr kommen ab 50 Leute aufwärts", sagt er. "Wir brauchen diese Einnahmen und sind darauf angewiesen, dass die Leute, die kommen, ihre Bratwurst essen und ihr Bier trinken". Wenn gleichzeitig Schalke, Dortmund oder Bochum spielen, brechen diese Einnahmen weg. Schon jetzt spüren viele der unterklassigen Klubs im Ruhrgebiet, wenn einer der umliegenden Bundesligisten am Sonntag um 17 Uhr antritt.

Dabei hatte der für den Amateurfußball zuständige Deutsche Fußball-Bund (DFB) im Paragraphen 10 seines Grundlagenvertrages mit der Deutschen Fußball-Liga (DFL) eigentlich vereinbart, dass "zum Schutz des Amateurfußballs sonntags bis 17.30 Uhr möglichst keine Spiele der Bundesliga anzusetzen seien. Doch diese Abmachung wird wohl in den kommenden Wochen umformuliert werden. Dass der bereits unterschriebene TV-Vertrag, der für die Bundesliga angeblich überlebensnotwendig ist, an der alten Vereinbarung scheitert, ist kaum denkbar. "Wir sind erbost darüber, dass der DFB das einfach so mit sich machen lässt", sagt Norbert Bauer, der Vorsitzende des SSV Buer aus der Landesliga Staffel 3 West.

DFB-Präsident Theo Zwanziger, der gerne mit blumigen Worten die Bedeutung der Basis hervorhebt, ist damit etwas in die Bredouille geraten. "Wir nehmen die Kritik ernst und suchen den Dialog mit den Vereinen", sagt Zwanziger, "wir möchten die Diskussion aber auch versachlichen, weil viele Aspekte sehr emotional dargestellt werden. Er hat die Protestler zu einer Gesprächsrunde am 25. Februar im Anschluss an ein Frauenländerspiel in Bielefeld eingeladen. Im ersten Affekt hatte er den Amateurklubs sogar Ausgleichszahlungen aus dem Topf der Fernseheinnahmen in Aussicht gestellt. Doch das hält DFL-Präsident Reinhard Rauball für unrealistisch. "Da sind wir als DFL nicht dabei, weil wir das nicht stemmen können", sagt er. Viele Bundesligisten klagen ja selbst über Wirtschaftskrise und sinkende TV-Gelder.

Der Streit spiegelt eine Dynamik, die diese Gesellschaft durchdringt wie Metastasen einen kranken Körper. Es wird umverteilt, die Großen, Reichen, Mächtigen bekommen immer mehr, auf Kosten der Masse. "Wir können als Kreisligist doch nicht die finanziellen Probleme der Bundesliga ausbaden", sagt Grundmann empört, er hat selber eine Dauerkarte für den FC Schalke, doch die sollen eben "ihre Kostenstruktur überdenken", wenn sie nicht klar kommen. Außerdem dürfe man in dieser Debatte nicht den wertvollen gesellschaftlichen Beitrag vergessen, den die Kleinvereine für Integration, Erziehung und Gesundheit leisten.

Eine realistische Chance, ihre einzige Forderung, nämlich "Bundesligafußball am Sonntag nicht vor 17 Uhr" (Grundmann) durchzusetzen haben die Protestler wohl trotzdem nicht. Zu mächtig sind die Großklubs und die Verbände, schon jetzt ist das zu spüren. Eigentlich wollten über 50 Mannschaften aus den Kreisen Gelsenkirchen und Unna/Hamm ihrem Rückrundenstart am 1. März bestreiken und eine Demonstration organisieren. Das hat der Fußballverband Westfalen verhindert, indem er flugs den gesamten Spieltag absagte. Offiziell sollen so Wettbewerbsverzerrungen, Punktabzüge und Geldstrafen verhindert werden, doch Grundmann glaubt, dass der Verband die Angelegenheit entschärfen möchte. Demonstrieren werden sie trotzdem.

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