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Archiv-Artikel

Zeit des religiösen Gedönses

betr.: „Vom Schaden Gottes“, taz vom 22. 9. 07, LeserInnenbriefe dazu, taz vom 26. 9.07

Es hat mich überrascht, wie ablehnend der Artikel von Herrn Misik von der (Leserbriefe schreibenden) Leserschaft aufgenommen wurde.

Da wird Naivität vorgeworfen, weil die atheistischen Nazis alle von überlegener Moral sein müssten: Naiv ist vielmehr die Vorstellung, dass die Abwesenheit eines religiösen Glaubens automatisch zur Moral führt. Ein weiterer Einspruch lautete, die Vorgabe „Was du nicht willst, das man dir tu’ …“ stamme eigentlich von Jesus. Nun, 2.000 Jahre haben offenbar noch nicht ausgereicht, um alle davon zu überzeugen, dass die Verbindung zwischen religiösem Gebot und moralischer Tat allerhöchstens sporadischer Natur sind. Insbesondere die Vorstellung, Glaube und Hass seien unvereinbar ist zwar ein ehrenwerter, aber ebenso frommer Wunsch, der allen Taten Hohn spricht, die im Namen Gottes tagtäglich begangen werden.

Schließlich gibt es noch die Fraktion, die den Artikel für unnötig befindet, weil es wichtigere Themen gibt oder man die Dummheit des Kardinals am besten schweigend übergehen sollte. Ich wollte, ich könnte diesem Punkt zustimmen, doch leider leben wir in einer Zeit, in der der Führer der freien Welt mit seiner Legislative Gebetskreise abhält und seine Befehle vom HErrn persönlich erhält und auch hierzulande unsere geschätzte Bundeskanzlerin das Bekenntnis zum Christentum in der europäischen Verfassung verankert sehen will und damit munter unnötiges Spaltungspotenzial anhäuft.

In dieser, an religiösem Gedöns überreichen Zeit ist es wichtig und richtig, sich argumentativ mit dem religiösen Phänomen auseinanderzusetzen, um eben nicht irgendwann am Geschrei der religiösen Fanatiker krank zu werden. ROLAND KÜFFNER, Erlabrunn

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor. Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.