Zahl der Woche : Der Minister macht die Preise
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Hohe Preise können gefährlich sein für die Mächtigen. Gerade in Frankreich hat man da schlechte Erfahrungen gemacht. Ein wegen schlechter Getreideernte stark gestiegener Brotpreis trieb das Volk schon einmal auf die Straße und gilt als einer der Auslöser für die Französische Revolution.
Es gibt also gute Gründe für das Eingreifen der Regierung in den Markt, mögen heute auch die Nachbarn und die EU-Kommission noch so von freier Wirtschaft schwärmen und Paris Staatsinterventionismus vorwerfen. An dem Superminister Nicolas Sarkozy prallen solche Nörgeleien ab. Die Fusion von Sanofi und Aventis, die Sanierung von Alstom – nur zwei Beispiele der jüngsten Zeit, bei denen Sarkozy zum Wohle der Grande Nation mächtig in die Chefetagen der Konzerne hineinregiert hat.
Und jetzt verordnet Sarkozy zur Abwechslung mal dem Einzelhandel niedrigere Preise. Die Vertreter der großer Supermarktketten und Markenhersteller zögerten zwar, die Pille zu schlucken. Doch nach erregter Debatte sagten sie in dieser Woche zu, die Preise ab September um 2 Prozent zu senken. Versüßt wurde die bittere Pille mit der Aufhebung einiger Handelsbeschränkungen.
Damit hat Sarkozy zwar seine Vorgabe – 5 Prozent bis Mitte nächsten Jahres – noch nicht ganz erfüllt. Dennoch dürfte er den Nerv der Franzosen getroffen haben. Nicht eben unwichtig für jemanden, der die Nachfolge von Staatspräsident Jacques Chirac anstrebt.
Denn in der Tat sind Markenartikel in Frankreich bis zu 13 Prozent teurer als in den Nachbarstaaten. Die Preise für Danone-Joghurts und Coca-Cola steigen seit Jahren stärker als die allgemeine Inflationsrate, Shampoo und Deodorant sind seit 2000 um mehr als 20 Prozent teurer geworden, Babybrei und Parfüm um 15 Prozent.
Warum das so ist, darüber gibt es unterschiedliche Meinungen. Die Verfechter der freien Marktwirtschaft verweisen darauf, dass der französische Markt viel zu stark von staatlichen Vorgaben bestimmt wird. Zum Beispiel durch ein Gesetz, das es den Unternehmen verbietet, Großkunden höhere Rabatte einzuräumen als den Abnehmern kleinerer Mengen. Andere sehen den Grund eher im Gigantismus der Supermarktbetreiber: Durch die höheren Preise finanzierten die den Ausbau ihrer Geschäfte zu immer größeren Einkaufszentren. Und dann gilt natürlich auch in Frankreich die Einführung des Euro als Preistreiber.
Warum auch immer – die Franzosen kaufen weniger ein. Im Mai sank der Konsum um 8 Prozent. Und wenn Geld ausgegeben wird, dann wandert es immer öfter in die Kassen der Discounter. Die französischen Lidls und Aldis haben schon 12,3 Prozent des Markts erobert, Tendenz steigend. STEPHAN KOSCH