ZU RECHT SIND DIE AGRARVERHANDLUNGEN DER WTO GESCHEITERT : Reiche Länder uneinsichtig
Seit Ende der 80er-Jahre immer wieder dasselbe Szenario: Einmal mehr ist eine Verhandlungskonferenz im Rahmen der WTO in erster Linie am Egoismus der EU-Staaten und der USA gescheitert. Die beiden mächtigsten Wirtschaftsblöcke EU und USA sind immer noch nicht bereit, ihre weltmarktverzerrenden, Hunger fördernden und ökologisch schädlichen Agrarsubventionen tatsächlich substanziell abzubauen. Und auch die Bereitschaft in Washington und den 25 EU-Hauptstädten, den Ländern des Südens endlich einen verbesserten Marktzugang für deren Agrarprodukte zu gewähren, geht über folgenlose allgemeine Absichtserklärungen nicht hinaus.
Daher ist folgerichtig, dass die Länder des Südens im Gegenzug den Abbau von Zöllen für Industrieprodukte aus dem Norden verweigern. Und dass sie sich nach wie vor der in erster Linie von der EU betriebenen „Liberalisierung“ öffentlicher Dienstleistungen widersetzen, ist – völlig unabhängig von der Agrarfrage – in wohlverstandenem Interesse aller BewohnerInnen dieser Erde. Hinter der unterschiedlichen Bewertung des Scheiterns dieser WTO-Runde bei den globalisierungskritischen Nichtregierungsorganisationen (NGO) steckt der nach wie vor nicht gelöste Dissens, ob die WTO reformierbar und in ihrem Rahmen die Vereinbarung gerechter globaler Handelsregeln überhaupt denkbar ist. Zu Recht verneinen dies Organisationen wie etwa das globalisierungskritische Netzwerk Attac.
Doch vielleicht wäre ein Konsens aller NGOs über eine sehr wesentliche Forderung denkbar – und nützlicher: dass mit landwirtschaftlichen Gütern grundsätzlich nicht mehr international gehandelt werden soll – außer in Situationen, in denen es gilt, Menschen vor dem Verhungern zu bewahren. Die Ernährungssicherheit und -autonomie jedes Landes dieser Erde so weit wie möglich wieder herzustellen – das ist ein realistisches Ziel, für das es neben anderen auch viele ökologische Gründe gibt. Eine gemeinsame Kampagne aller globalisierungskritischen NGOs in Nord und Süd für dieses Ziel könnte auch zu einer Veränderung der Fronten in der WTO beitragen.
ANDREAS ZUMACH