ZDF-Wahlshow "Illner Intensiv": Rentendebatte für Erstwähler
Das ZDF will mit dem Parteien-Check "Illner Intensiv" vor allem junge Bürger erreichen. Doch die Sendung schießt an der angepeilten Zielgruppe weit vorbei.
Die Jugend liebt Youtube, und Politiker antworten in Schachtelsätzen - Annahmen dieser Art müssen es gewesen sein, die die ZDF-Talkproduzenten um Maybrit Illner bewogen haben, ein durch und durch neues und durch und durch erwartbares Format wie "Illner intensiv" zu ersinnen.
Ein Spitzenkandidat, ein Jungpolitiker, ein prominenter Sympathisant und bohrende Fragen: So liest sich das Konzept der neuen Polittalkshow von Maybrit Illner. In fünf Sendungen à 30 Minuten sollen die wahlkämpfenden Parteien vor der Bundestagswahl "auf Herz und Nieren" geprüft werden. Laut Pressemitteilung will das Programm "vor allem für junge Bürger" eine "konkrete Hilfe" bei der politischen Orientierung sein. Davon war zumindest in der ersten Ausgabe am Dienstag wenig bis nichts zu sehen.
"Illner Intensiv" ist nicht die einzige Sendung, mit der das ZDF durch interaktive Elemente näher an - vor allem jüngere - ZuschauerInnen - kommen will.
Im "ZDF-Wahlforum" (ab 25. August) werden Bettina Schausten und Christian Sievers vor 400 Gästen SpitzenpolitikerInnen live auf den Zahn fühlen - die Zuschauer können sich per Skype, Youtube und StudiVZ ebenfalls unmittelbar in der Sendung melden
ZDF, Zeit Online und StudiVZ planen außerdem ein "crossmediales Projekt" im Netz und live im digitalen ZDF Infokanal: Auf den Plattformen der Kooperationspartner werden Fragen gesammelt, die von den Usern dann selbst gerankt werden. Beim großen Showdown, dessen Termin noch nicht feststeht, werden sie dann live beantwortet. Das ZDF feiert seien Idee als "erstes Projekt seiner Art, das Zeitung, Fernsehen und Netz systematisch verknüpft".
"Logo", das Nachrichtenmagazin im Kinderkanal von ARD und ZDF, präsentiert Sondersendungen - die "Logo"-Kinderreporter interviewen ab 15. August zum Beispiel jeweils samstags die Spitzenkandidaten der großen Parteien. Im Internet gibt es dazu unter anderem das interaktive Spiel "logo! Wahlcity" auf www.logo.tivi.de STG
Als Debütgäste traten die Grünen bei Illner an - neben Spitzenkandidat Jürgen Trittin mit der 32-jährigen Nachwuchspolitikerin Ingrid Nestle und dem Schauspieler und "Grünen-Wähler der ersten Stunde" Volker Brandt. Das Dreiergespann sollte sich in drei thematischen Blöcken zur Vergangenheit der Grünen, deren Idealen und Konzepten (Illner: "die grüne Seele") und der Zeit nach der Wahl äußern - für Volker Brandt hatte Illner noch etwas besonders Innovatives vorbereitet: ein Grünen-Quiz.
Grandios am Ziel vorbeigeschossen sind Illner und ihre Produzenten mit der Vorstellung, dass Youtube-Fragevideos, futuristische Einblendungen und freche Satiriker ausreichen würden, um das krude Format der Polittalkshow für junge Zuschauer attraktiv zu machen. Nicht nur, dass die Show zur besten Kneipenzeit ausgestrahlt wird - nämlich um 22.45 Uhr -, auch das stereotyp bildungsbürgerliche Publikum wirkt auf junge Zuschauer befremdlich. Und: Muss in einer Show, die eine Orientierungshilfe für Jungwähler sein will, wirklich der Löwenteil der Antworten auf den ohnehin medial omnipräsenten Spitzenpolitiker entfallen, anstatt den politischen Nachwuchs verstärkt zu Wort kommen zu lassen?
Da hilft es auch nicht, wenn sich Illner an mehren Stellen der Fragerunde um kurze Antworten und verbindliche Positionen bemüht oder die Grünen zu Beginn der Sendung mit einem an "Star Trek" angelehnten Filmchen präsentiert. Den Publikumseinwurf eines gesetzten Mittfünfzigers, der sich von der Grünen-Politik enttäuscht sieht, hätte man sich in dem Zusammenhang ebenfalls schenken können. Auch was die Fragen und den Diskussionsstil anbelangt, hätte nachdenken geholfen: Interessiert es den Erst-, Zweit- oder Drittwähler wirklich, wie es um die Rentensätze steht? Und selbst wenn ja: Hat er das Thema auch an der Urne vor Augen? Bei der Beantwortung ließe sich Exumweltminister Trittin mit einem seiner Konter aus der Show heranziehen: "Frau Illner, da muss ich widersprechen."
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