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Archiv-Artikel

YOANI SÁNCHEZ POLITIK VON UNTEN Der Papst im Kommunismus

Benedikt XVI. bezieht klar Stellung gegen die kubanische Regierung – seine Kirche arbeitet mit ihr zusammen

Die kubanischen Katholiken haben 14 lange Jahre gewartet, um erneut einen Nachfolger Petri empfangen zu können. Der Besuch von Papst Johannes Paul II. im Januar 1998 hinterließ auf Kuba einen tiefen Eindruck. Es ist schwer, die Wirkung jenes polnischen Papstes auf eine Gesellschaft zu wiederholen.

Im Wissen darum, dass die Welle der Zuneigung, die Karol Wojtyla zuteil wurde, nicht zu übertreffen ist, hat Ihre Heiligkeit jetzt versucht, in seinem eigenen Stil zu überzeugen. Er sagte, dass „der Kommunismus in Kuba nicht mehr funktioniert“, ein viel direkterer Satz als jede Bewertung des kubanischen Systems durch seinen Vorgänger. Oder, wie es ein sympathischer Mann aus Havanna bei einer Sportveranstaltung ausdrückte: „Dieser Papst ist wie die deutschen Fußballspieler. Er spielt nicht mit der Grazie und Schönheit der Brasilianer, aber er macht das Tor.“

In den vergangenen Wochen sind überall in der Verwaltung, in der Produktion und in Bildungseinrichtungen Versammlungen abgehalten worden, um die Arbeiter und Studenten zum Besuch der Papstmesse auf dem Platz der Revolution aufzufordern. „Niemand darf fehlen“, sagten die Behörden, und wie fast immer haben diese Aufforderungen einen ultimativen, obligatorischen Charakter.

Die Regierung will zeigen, dass sie alles unter Kontrolle hat, und dazu hat sie eine Art ideologische Säuberung angestoßen. Die Methoden reichen von Hausarrest über gekappte Telefonleitungen, Deportationen in andere Provinzen bis zu Verhaftungen von Dissidenten. Diese Welle der Repression wurde vom Volksmund „Operation Stimme des Schweigens“ getauft. Alles muss sich einem strengen Ablaufplan unterordnen.

Aber dennoch kam es zu unvorhergesehenen Ereignissen. Am 13. März drang eine Gruppe von 13 Personen in die Kathedrale der heiligen Caridad del Cobre in Havanna ein, um eine Reihe von Forderungen an Benedikt XVI. zu übergeben. Zwei Tage später stimmte die Kirchenführung zu, dass ein unbewaffnetes Kommando der Sicherheitskräfte die Kirche räumte. Zwar waren einige Dissidenten mit der Besetzung der Kirche zu politischen Zwecken nicht einverstanden – aber die Räumung stieß doch überall auf empörte Ablehnung, bis hin zu der Einschätzung, dass die katholische Kirchenhierarchie in dieser Nacht ihre Chance verspielt hat, noch eine Rolle bei der Umwandlung der kubanischen Gesellschaft zu spielen.

Die Autorin lebt als unabhängige Bloggerin in Havanna Foto: dpa