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Wut auf die Wiesn

Clubs am Ostkreuz begehren gegen das Oktoberfest auf

Von Peter Nowak

„O’zapft is“ wird es auch dieses Jahr nicht nur in München heißen: Zum 19. Mal findet in Berlin ein Oktoberfest statt – gegen das nun Proteste angekündigt wurden. Denn das Event wurde aus dem Berliner Hofbräuhaus in Mitte ans Ostkreuz in Friedrichshain verlegt – in einen Kiez, in dem sich Be­woh­ne­r*in­nen seit Jahren gegen Gentrifizierung wehren.

Auf der Webseite des Events, das sich inzwischen „Spreewiesn“ nennt, wird den Freun­d*in­nen bayerischer Folklore versichert, dass bis auf die Ortsänderung alles bleibt wie bisher. Womöglich haben die Ver­an­stal­te­r:in­nen die Rechnung ohne die Nach­ba­r*in­nen gemacht: Ein offener Brief fordert die Absage. Den Text unterschrieben haben neben dem benachbarten Club About Blank auch die „Neue Zukunft am Ostkreuz“ und der Jugendclub E-Lok.

„Wir beobachten seit über vier Jahren, wie der Kiez immer mehr von Luxusbüros, Eigentumswohnungen und Wohnungen auf Zeit überschwemmt wird, während wichtige Infrastruktur wie Spätis, Ärzte oder Apotheken geschlossen werden“, sagt Timo Steinke von der Nachbarschaftsinitiative „Wem gehört der Laskerkiez“, die den offenen Brief initiiert hat. Auch Jenny Goldberg vom Stadtteilbüro Friedrichshain moniert: „Während die Träger soziokultureller Angebote von massiven Kürzungen betroffen sind und Menschen sich ihre Wohnungen nicht mehr leisten können, erobern touristische Events die privatisierten Räume des Stadtteils.“

Für Goldberg und Steinke sind die Clubs Teil der Kiezkultur. Dagegen würde das Spreewiesn-Event „für zwei Monate in unseren Kiez einfallen“, so Steinke. Er vermutet, dass besoffene Männergruppen angezogen werden sollen, um Kasse zu machen. Eine Kritik, die Julian Schwarze, Sprecher für Clubkultur der Grünen im Abgeordnetenhaus, versteht: „Wir brauchen mehr Kiezkultur statt Kommerz“, sagt er.

Die Kri­ti­ke­r*in­nen wollen es nicht bei Appellen belassen und „regelmäßige Proteste vor Ort organisieren“. Protestkundgebungen sind schon bis in den Oktober angemeldet.

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