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Wulffs Ex-Sprecher Olaf GlaesekerDie stumme Stimme des Präsidenten

Der Bundespräsident und sein Sprecher Olaf Glaeseker waren zwölf Jahre eng miteinander verbunden. Wulff ließ ihm viele Freiheiten. Nun nicht mehr.

Einer macht weiter, der andere nicht: Der Bundespräsident und sein Ex-Sprecher. Bild: dpa

Seine letzte Mailboxansage als Sprecher des Bundespräsidenten klingt nachdenklich. Die Affäre Wulff hat auch bei Olaf Glaeseker tiefe Spuren hinterlassen. "Hallo, liebe Kolleginnen und Kollegen … auch wenn Sie mir eine Nachricht hinterlassen, werde ich leider nicht zurückrufen", hört man am Donnerstagnachmittag. "Ich wünsche Ihnen ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr."

Da war bereits bekannt, dass der 50-Jährige seinen Job als Sprecher des Bundespräsidialamts verliert. Unklar blieb zunächst, ob er freiwillig geht. Wulffs Statement deutet auf eine Entlassung: "Ich bedaure, dass ich mich von ihm trennen musste, und wünsche ihm für weitere berufliche Herausforderungen alles erdenklich Gute." Über die Gründe sagte Wulff nichts.

Olaf Glaeseker und Christian Wulff waren zwölf Jahre eng miteinander verbunden. 1999 kam Glaeseker als Sprecher zum Oppositionspolitiker Wulff nach Niedersachsen. Damals hatte Wulff durch zwei Landtagswahlniederlagen ein Image als weicher Dauerverlierer erworben.

Dass aus ihm in der öffentlichen Wahrnehmung allmählich ein - im positiven Sinne - gefühliger Politiker wurde, der nebenbei noch als Ministerpräsident Niedersachsens höhere Ambitionen haben durfte, gilt auch als Glaesekers Verdienst.

Wulff ließ Glaeseker als Sprecher Freiheiten, das zu sagen, was dieser für richtig hielt. Auch unabgesprochen. Es entwickelte sich bei Glaeseker ein Selbstbewusstsein, das in Berlin mit Augenzwinkern aufgenommen wurde. Glaeseker, so unkte man, sehe Wulff als seine Schöpfung. Auch als Wulff längst den Machtanspruch aufs Kanzleramt aufgegeben hatte, kommunizierte Glaeseker zuweilen, als sei diese Mission noch aktuell.

Vor Journalisten trat er stets selbstbewusst und eitel auf, zuweilen spielte er mit ihnen. Die Mailboxnachricht entdeckte er schon 2005 als eine Art Stilmittel: "Ich habe Urlaub. Das heißt erstens: Christian Wulff wird nicht Kanzler und will auch nicht Kanzler werden", hieß es damals.

Dann folgte ein Satz, der ganz wie heute klingt: "Und zweitens: Selbst wenn Sie mir eine Nachricht hinterlassen, werde ich leider nicht zurückrufen."

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8 Kommentare

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  • E
    Evelyn

    Sprecher von Politikern werden wahrscheinlich die meiste Zeit für zu harmlos befunden als sie in Wirklichkeit sind. Wer von uns weiß denn wieviel Macht sie haben?

  • SD
    Schönes Deutschland....

    Dass Herr Wulff nicht der nette Onkel ist, wie er sich immer präsentiert, sollte eigentlich jedem klar sein...

     

    Der Skandal, dass er seit Jahren mit der Organisation ProChrist und dem ACP (Arbeitskreis Christlicher Publizisten) verbandelt ist - bei dem vor allem der letztere in sehr konservativen Gewässern - um nicht "rechten" zu sagen - fischt, scheint mittlerweile auch vergessen zu sein.

     

    Schlimmer ist aber noch vielmehr die Aussage Röslers und anderer Politiker, jetzt nicht weiter Staub aufzuwirbeln um das Amt de Bundespräsidenten nicht zu beschädigen. Damit stellt ich die polistische Kaste einen Freibrief für Verfehlungen aus...

  • B
    bempo

    Hmmm... gestern im Deutschlandfunk (zufällig gehört) hiess es noch ganz frisch, daß Glaeseker zurückgetreten ist, um Schaden von seiner Familie abzuwenden. Um es Raab-mässig zu sagen: Was war da denn los? Man weiss es nicht! Auch n Kredit von Geerkens bekommen? Zusammen im Puff gewesen? Riecht jedenfalls irgendwie komisch...

  • BK
    Bernd Kirchner

    Seit 1999 berichte ich über den sogenannten Hannoverklüngel. Eine, meiner Meinung nach, kriminelle Verbindung zwischen Politik, Polizei, Staatsanwaltschaft, Wirtschaft und Steintor. Die Medien in Hannover hatten kein grosses Interesse, darüber zu berichten. Was bisher bekannt wurde, ist nur die Spitze vom Eisberg. Wenn wirklich jemand wissen möchte, warum Olaf Glaesker gehem musste, so sollte man hinterfragen, warum G seit Jahren in Wolfsburg zugelassene Fahrzeuge fährt oder wieso Herr G so oft mit Air-Berlin geflogen ist. Zu Bettina Wulff/Körner möchte ich anmerken, dass Frau Körner niemals unter dem Namen Viktoria gearbeitet hat. Auch liegt das Chateau nicht in der Nähe von Osnabrück, sondern befindet sich in Altwarmbüchen. Richtig ist Chateau am Schwanensee. Bernd Kirchner

  • G
    gabriengel

    der es ist einfach so wie ein altes, dummes sprichwort sagt:"Die Ratten verlassen zuerst das sinkende Schiff ?!"

  • S
    Siegfried

    Ich wollte Herrn Wulff nicht als Arbeitgeber, Kollegen oder Freund haben.

     

    Falls Wulff Herrn Glaeseker tatsächlich entlassen hat lässt dies recht tief in eine schwache Seele blicken...

  • FD
    Für den Kaiser von Japan

    Für den Kaiser in den Tod: Kamikaze-Flieger.

     

    Vielleicht ist er zur Ablenkung zurückgetreten und verdient bei Maschmeyer als neuer AWD-Sprecher und Berater mehr als genug. Man sollte verdiente Persönlichkeiten schliesslich nicht am Existenzminimum darben lassen.

    Vielleicht wird seine Frau demnächst beim falsch einparken erwischt und er lässt von seinen Anwälten verkünden, das sie ihr Knöllchen bezahlt und nochmal dasselbe für die Kinderkrebshilfe abgibt. Dont drink and drive.

     

    Es wäre schön, wenn die taz bei jedem Namen das Gehalt und Pension dranschreiben würde.

    Darf man als Genosse per Internet-Vote-System verbindliche Regularien für die Redaktion festlegen ?

     

    Der Trick ist halt nicht das Beimischen von Weiß ("Aber er hat die Einheit gebracht und den Osten wiederaufgebaut und die Mauer fallen lassen") sondern dunkelstgrau ("Er wusste nicht das Maschmeyer das Buch finanziert"), hellgrau ("die Liste seiner Urlaubsreisen") oder jetzt hellstgrau/neutral ("Sprecher-Rücktritt") und demnächst wie er illegal Abgeschobene aus dem Hungerlager der Unesco errettet. Live als Reality-Soap bei RTL-2.

     

    Die Presse schaut wie immer weg. Ich hätte als Reporter die Evangelikalen danach gefragt, ob Wulffs Verhalten als vorbildlich evangelikalisch gilt. Der Beamtenbund sagt auch bis heute nichts. Ist es bei Beamten üblich, sich von lokalen Firmen Kredite geben zu lassen ?

    Darf ein Bundesliga-Schiedsrichter sich von Bayern Münchens Manager-Frau (oder sonstwem) einen Kredit geben lassen ? Das fragt man alle Fußballvereine. Würde ich als Presse-Scoop oder freier Blogger doch mal machen. Digiges und Piraten sind ja nicht interessiert. Die wollten ja sogar Verwandte einstellen obwohl das in der Ordnung des Berliner Landtages wohl nicht erlaubt war.

  • F
    friedrich

    wer sagt denn, dass Glaeseker zurücktreten musste. Vielleicht ist er einfach selbst zurückgetreten, weil er das, was er sagen sollte, nicht mehr sagen wollte. Kurz, er hatte die Schnauze voll. Vielleicht hat er auch im Zusammenhang der diversen Recherchen Dinge über Wulff erfahren müssen, die er eigentlich hätte wisssen müssen, man ihm aber vorenthalten hat...