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Wohnrecht als Wiedergutmachung Bund will aus Kostengründen Siedlung ehemaliger Zwangsarbeiter an Private verkaufen / Mieterinitiative fürchtet Mieterhöhungen / Sie fordert Wohnrecht als Wiedergutmachung

Wohnrecht als Wiedergutmachung

Bund will aus Kostengründen Siedlung ehemaliger

Zwangsarbeiter an Private verkaufen / Mieterinitiative

fürchtet Mieterhöhungen / Sie fordert Wohnrecht als

Wiedergutmachung

Aus Dortmund Anne Weber

Seit Januar werden die etwa 400 BewohnerInnen einer Siedlung für ehemalige polnische Zwangsarbeiter in Dortmund von der Bundesregierung hingehalten und über ihr weiteres Schicksal im Unklaren gelassen. In der Siedlung leben heute noch 150 ehemalige Zwangsarbeiter, 30 Zwangsarbeiter-Witwen, deren Kinder und Enkelkinder. Sie sprechen überwiegend polnisch, die deutsche Sprache ist ihnen fremd geblieben. „Es ist hier gerade mal soweit, daß die Jüngsten zweisprachig aufwachsen“, so Rudi Weber von der Mieterinitiative, die die BewohnerInnen gründeten. 1951 hatte der Bund die Siedlung gebaut und an die ehemaligen Zwangsarbeiter des Naziregimes und ihre Familien vermietet. 1984 versuchte der Bund die Siedlung an die Stadt Dortmund zu verkaufen. Die Stadt lehnte aus Kostengründen ab. Anfang dieses Jahres nahm die Oberfinanzdirektion Münster auf Weisung des Bundesfinanzministeriums die Verkaufspläne wieder auf und suchte nun Privatpersonen als Kaufinteressenten. Die Mieterinitiative verhandelte in den vergangenen Monaten mit der Oberfinanzdirektion, dem Bundesvermögensamt in Hagen, den Ministern Zöpel und Blüm. Sie befürchten drastische Mieterhöhungen und mittelfristig den Verlust ihres Lebensraums, wenn die Siedlung in private Hände kommt. Rudi Weber: „Das würde das soziale Ende für die meisten von uns bedeuten. Nicht nur die alten Leute kämen alleine in einer anderen Umgebung nicht zurecht. Die Mieterinitiative fordert, daß der Bund von den Verkaufsplänen Abstand nimmt, oder aber sich in Verhandlungen mit gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaften einigt, die bis jetzt nur schleppend laufen. Am vergangenen Donnerstag wandten sie sich in einem Schreiben an die für den Verkauf oberste Instanz, den Finanzminister Stoltenberg. „Bisher haben uns alle Minister und Verwaltungsmenschen mit den seltsamsten Begründungen abgewiesen,“ erzählt Rudi Weber. Am härtesten drückte sich Stoltenbergs Staatssekretär Voss aus. „Wir wollen endlich Klarheit, wie konkret die Verkaufspläne beim Finanzministerium sind. Wir verlangen unbefristetes Wohnrecht als Wiedergutmachung für die Nazizeit.“ Vor kurzem hatte Voss der Mieterinitiative schriftlich mitgeteilt, daß sie „40 Jahre danach keinen Anspruch auf Dauerwohnen als Eingliederungshilfe“ geltend machen könnten. Außerdem seien sie doch durch das Mietrecht geschützt und könnten nach dem Verkauf sechs Jahre in ihren Wohnungen verbleiben. Der Wiedergutmachungsanspruch der ehemaligen Zwangsarbeiter wird nicht nur von Voss abgewiesen.

Auch Blüm hatte die Mieterinitiative auf das „gültige Mietrecht“ verwiesen. Dazu Weber: „Die Regierung hat nach dem Krieg das Getto hier geschaffen, jetzt will sie es aus finanziellen Gründen los sein und kümmert sich nicht um die speziellen sozialen Probleme die durch die Gettoisierung entstanden sind.“ Von Finanzminister Stoltenberg erwartet die Mieterinitiative nun „auch nicht gerade Wiedergutmachungs- oder Sozialpolitik“, aber eine Zusage, daß private KäuferInnen nicht länger in Betracht kommen.

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