: Wohnen statt Beten
Budgetlöcher und schwindende Mitgliederschaft: Der Kirchenkreis Alt-Hamburg prüft seine 81 Gotteshäuser. Einige werden umfunktioniert, verkauft oder abgerissen
„Wie viele Kirchen braucht Hamburg?“, fragte gestern der Vorsitzende des Kirchenkreises Alt-Hamburg, Propst Karl-Günther Petters. Angesichts einer prekären Lage: Hamburgs Kirchensteuereinnahmen sanken von 1992 bis 2005 von 27 auf 17 Millionen Euro. Außerdem gehören nur noch 32 Prozent der HamburgerInnen einer Konfession an. Nun stehen alle 81 Sakralbauten des Kirchenkreises auf dem Prüfstand. Vier Konzepte hat seine Bauabteilung zusammen mit Gemeinden und Investoren beschlossen.
Die erste evangelische Grundschule Hamburgs wird im Gemeindehaus der Pauluskirche in Hamm eingerichtet. Unterrichtsbeginn an der integrativen Ganztagsschule soll schon im August sein. Außerdem verkauft die Hammer Gemeinde die schwach besuchte Simeonkirche an die griechisch-orthodoxe Gemeinde.
Die Barmbeker Heiligengeistkirche, die wegen Kriegsschäden nur mit sehr hohem Kostenaufwand saniert werden kann, wird an eine Wohnungsbaufirma verkauft. Nach dem Abriss, von dem nur das östliche Schiff verschont bleibt, sollen auf dem Gelände 71 Wohnungen entstehen.
Gerade mal der Mantel bleibt von der Kapernaumkirche in der Sievekingsallee erhalten. Für 25 Millionen Euro wollen die Bauherren in der Mitte des Baus eine Glaswand ziehen. Auf der einen Seite bleibt die ursprüngliche Form erhalten, auf der anderen entsteht ein Kindergarten. Bis 2006 wird der Außenbereich mit 21 Seniorenwohnungen und einem Pflegeheim mit 146 Plätzen bebaut.
Aus betriebswirtschaftlicher Perspektive haben sich Studierende der TU Harburg unter Leitung von Professorin Monika Dobberstein mit des Probstes Frage befasst. Das Ergebnis: „Nur noch 22 der insgesamt 81 Kirchen kann sich der Kirchenkreis Alt-Hamburg leisten.“ Das sei allerdings kaum zu realisieren, räumt Dobberstein ein. Denn der Abriss oder die Umgestaltung einer Kirche etwa in eine Kneipe sei „für die Gemeindemitglieder mit vielen Emotionen verbunden“. Anja Humburg