piwik no script img

Wörner rügt Modernisierungs–Gegner

■ Gegner der Modernisierung atomarer Kurzstreckenraketen von Verteidigungsminister kritisiert / Wörner will Nuklearpotential der NATO neu strukturieren / SPD: Mit Modernisierung wird Aufrüstung betrieben

Bonn (rtr) - Verteidigungsminister Manfred Wörner hat den Gegnern der Modernisierung der westlichen atomaren Kurzstreckenraketen vorgeworfen, einer einseitigen Abrüstung das Wort zu reden. Es verstehe sich von selbst, daß die Mindestzahl solcher Waffen des NATO–Bündnisses auch wirksam gehalten werde, sagte Wörner am Montag in Hamburg nach seinem in Bonn verbreiteten Redetext. Andererseits sei aber auch klar, daß gegenwärtig kein konkreter Modernisierungsbedarf bestehe. Darüber müsse im Rahmen eines Gesamtkonzepts des Westens entschieden werden. Das Waffensystem „Lance“ - dabei handelt es sich um etwa 110 Kilometer weit reichende Atomraketen - sei noch bis 1995 einsatzfähig, sagte Wörner. Gegenwärtig gebe es kein entwickeltes Nachfolgesystem, über dessen Einführung oder Stationierung entschieden werden könne. Insgesamt gelte es, das Nuklearpotential der NATO neu zu strukturieren. Dabei gehe es keinesfalls um einen Ausgleich für die Raketen mit Reichweiten zwischen 500 und 5.500 Kilometern, die nach dem INF–Abkommen der USA und der Sowjetunion verschrottet würden, oder gar um eine Umgehung dieses Abkommens. Es gelte aber, den Mindestbedarf an nuklearen Waffen aller Ebenen zu definieren. Wörner sagte weiter, das deutsche Interesse richte sich dabei in der Tendenz auf die weitere Verringerung insbesondere der atomaren Gefechtsfeldwaffen zugunsten der Waffen, „die das Risiko auf das Gebiet eines etwaigen Angreifers übertragen können“. Zu den Reichweiten äußerte sich Wörner dabei nicht. Die SPD hatte Wörner und anderen Vertretern der CDU/CSU wiederholt vorgeworfen, unter dem Deckmantel der Modernisierung für die Einführung völlig neuer Atomraketen mit Reichweiten kurz unter der nach dem INF– Abkommen noch zulässigen 500 Kilometer einzutreten und damit Aufrüstung zu betreiben. Auch Bundesaußenminister Hans–Dietrich Genscher (FDP) hatte Mitte letzter Woche davor gewarnt, die Modernisierung atomarer Artillerie und Raketen dazu zu nutzen, das konventionelle Übergewicht des Warschauer Pakts im Westen durch nukleare Gefechtsfeldwaffen auszugleichen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen