Harald Fricke schaut sich in den Galerien von Berlin um : Wochenübersicht Kunst
Es war ein großer Auftrag. 1886 verließ der erste motorbetriebene Wagen die Werkstatt von Gottlieb Daimler und Karl Benz. 100 Jahre später hat das Unternehmen Andy Warhol mit der künstlerischen Ausschmückung seines 100. Jubiläum betraut. Und offenbar mochte Warhol auch Daimler-Benz: Während er Cadillacs in oft tristen Farben gesiebdruckt hatte, leuchten die Autos des schwäbischen Konzerns glamourös. Ein frühes Modell wird zur barocken Kutsche, der Formel-1-Rennwagen von 1956 bekommt eine hübsch changierende Stromlinie eingebrannt.
Zehn Jahre nach Warhol hat sich Robert Longo mit Mercedes beschäftigt. Seine in der Aufsicht gezeichneten Limousinen sind kalt und bombastisch – auf über zwei Meter hohen Blättern ragen die Wagen in scharf konturiertem Schwarzweiß wie Fetische in den Raum. Tatsächlich passt Longos visuelles Konzept sehr gut zur DaimlerChrysler-Sammlung, wo sich Minimal-Art und Global-Player-Philosophie die Hand geben. „Mein Werk ist eine Meditation über Macht“, hat Longo gesagt. Bei Warhol war es gewiss auch die Liebe zum Geld.
Ein Auto rast auf eine Häuserwand zu, dann wird es schwarz, und im nächsten Augenblick steckt der Van im Wohnzimmer fest. Eine Frau steigt aus, schaut sich im Spiegel die blutige Stirn an, schnappt sich ein paar Klamotten, steigt noch einmal in das Auto vor der Tür, schreit kurz verzweifelt auf und fährt wieder gegen die Mauer. „Single Wide“, das Video von Teresa Hubbard und Alexander Birchler, besteht aus einem Fünf-Minuten-Loop, bei dem die Kamera stets in einer gedehnten Bewegung von links nach rechts das Geschehen entlang filmt. Der Monotonie steht die rätselhafte Handlung entgegen: Hysterie, ohnmächtige Wut, Angst vor dem Verlassensein – nie weiß man genau, was bei der Frau zum Crash führt. Deshalb schaut man immer wieder hin.