Wochenübersicht: Konzert : Thomas Mauch hört auf den Sound der Stadt
Eine delirierende Vision vom jüngsten Gericht der Popmusik, wie sie Hieronymus Bosch nur deswegen noch nicht malen konnte, weil sein Mailorder damals die entsprechenden Platten nicht parat hatte. Da schreiten also zwei Gruppen von Männern von den Bühnenrändern her aufeinander zu, sie halten Gitarren in den Händen, und einer zieht sein Keyboard hinter sich her; die eine Meute aber singt „Sweet Home Alabama“ und die andere skandiert „Smoke on the Water“, immer wieder, und die Pein verschmilzt, die Knochen liegen bloß, und es wird eine Erinnerung sein. Süß, an das Leben, down in der Wuhlheide, am Dienstag … music being buried/born. Mit Deep Purple und Lynyrd Skynyrd. Aber es gibt auch noch Wirklichkeit. Und Wirklichkeit ist Arbeit. Und Arbeit ist ein Schamane, der zu Erkenntnissen führt, die einen vielleicht voranbringen. Jedenfalls an einen anderen Ort. Kann man erst mal auch im Selbstversuch ausprobieren. Man muss nur den letzten Satz immer wieder lesen. Ganz schnell hintereinander. Oder ein beliebiges Wort beständig wiederholen, bis man merkt, wie sich das im Mund plötzlich anders anfühlt. Neuen Sinn findet. Andere Aggregatzustände annimmt. Genau das machen auch Circle, nur eben musikalisch, bei ihren gemessenen Arbeiten an psychedelischer Trance. Der olle wunderbare Krautrock, der hier jedoch aus Finnland kommt, am Sonntag im Magnet. Und noch mehr Vergangenheit, frisch aufgelegt. Wobei schon seltsam ist, dass selbst eine sich mal entschieden modernistisch gebende Musik wie die zickende New Wave revivaltauglich ist. Beim „Sonic Mook“-Sampler von Mute werden die Früh-80er neu rekonstruiert, und am Dienstag gibt es im Bastard daraus Erase Errata (aus San Francisco) und die Ex-Models (aus New York) mit ihren exakten Raubkopien der Damalszeit zu hören.