Wochenübersicht: Konzert : Thomas Mauch hört auf den Sound der Stadt
Als einer der schönsten Irrtümer der Popgeschichtsschreibung darf Tortoise gelten, die kurz mal als das heißeste Ding überhaupt gehandelt wurden. Was zu dem eher seltenen Zusammentreffen führte, dass man einmal tolle Musik hören und sich dabei noch mächtig hip fühlen durfte. Wirklich up-front. Das war Mitte der 90er, als Rock und Indie tatsächlich recht erschöpft aussahen und schnell was aus dem Hut gezaubert werden musste. Verblüffenderweise wurde dafür eine Szene erwählt, in der man mal keine Slogans abfeierte und sich nicht in Posen hinein kniete, sich dafür ohne Anbiederung an den Strukturen der elektronischen Musik übte. Also ausgemachter Nicht-Rock nach Rock, der als (klar) Postrock für kurze Zeit auf den Titelseiten der einschlägigen Postillen als die Lösung aller Probleme hochgehalten wurde. Bis man bei den Poppostillen feststellte, dass hier wirklich nur Musik gemacht wurde. Und weil man sich in solchen handwerklichen Fragen und ihrer Verfeinerung eigentlich nicht verlieren wollte, wurden wenig später Tortoise und die Anverwandten schon wieder als Kunst gebrandmarkt. Der Hype ist vorbei. Und geblieben die wunderschöne, elegant strömende Musik, die Tortoise am Mittwoch (mit Lambchop) auf der Museumsinsel spielen werden. Außerdem muss auch mal gesagt sein, dass Peter, Paul & Mary zwar bei den Schunkelrunden in Las Vegas gelandet sind, davor aber wirklich vorzügliche Platten gemacht haben. Und die darf man bei Piroth – heute Abend in der Garage Pankow – durchaus im Ohr haben. Dahinter steckt ein Schwesternpaar aus Schweden mit Bossa-gefedertem Popfolk und Liedern, in denen schon die im Info angesprochene Stimmung zu hören ist: dass die beiden einst eingeschlafen sind mit Mutters Stimme im Ohr. Kuschelig? Ja. Wenn man sich dazu Träume mit einem verwunschenen Nick Cave vorstellt.