Wochenübersicht: Konzert: Daniél Kretschmar hört auf den Sound der Stadt
Wer sich umfassend und detailliert, sentimental vielleicht noch, an die Jahre der Unmündigkeit zu erinnern vermag, kann getrost einer glücklich verbrachten Kindheit verdächtigt werden. Was mein wenig zuverlässiges Gedächtnis jene Zeit betreffend also impliziert … Räusper. Ich hatte z. B. das Drama meiner Abschlussfeier längst vergessen. Wir reden hier nicht von den Schwierigkeiten, eine balltaugliche Begleitung zu finden, respektive selber eine zu sein, nein, Hans die Geige, der heute Abend im Alten Ballsaal auftritt, war Stargast auf dem Fest und wurde Katalysator eines Albtraums. Es war nun nicht so, dass der Mann sein Fach nicht beherrscht hätte. Er präsentierte einfach nicht den Sound der Alterskohorte technoider, in plattenbaulicher Tristesse aufgewachsener Adoleszenter. Kurz gesagt: Alle hassten es, applaudierten dennoch höflich, was Hans veranlasste, die Chuzpe an den Tag zu legen, für Zugaben Geld vom Publikum zu verlangen. Alkoholindizierter Irsinn hieß mich erheben und dem Mann unfassbare 50 D-Mark in die Hand drücken. Mein Jahrgang buhte – und meinte mich. Der Versuch, dem Künstler die Würde zu nehmen, war gescheitert. Niemand wollte mehr mit mir sprechen; ich habe alle ihre Namen vergessen. Der Versuchung, heute meiner Vergangenheit nachzuspüren, werde ich leicht wiederstehen können, ist Hans’ Konkurrenz doch die Zukunft leichtfüssig tanzbarer Beatmusik. Im Frannz haben die wirklich sehr sympathischen Beatplanet ihr Record Release. Morgen dann erzählt der wunderbare Manfred Maurenbrecher am Klavier was „Glück“ ist und am kommenden Donnerstag beginnt das Festival „Musik und Politik“, der Nachfolger des legendären „Festivals des politischen Liedes“, was mich an die Geschichte erinnert, wie ich mal versucht habe, von Dieter Süverkrüp 50 Mark zu bekommen. Hat nicht geklappt.
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