Wochenübersicht: Bühne : Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Kurz bevor in Europa der Zweite Weltkrieg ausbrach, schrieb Bert Brecht im skandinavischen Exil ein Stück über eine Familie zwischen Kapitalismus und Krieg. Ein Händlerin zieht mit ihrem Wagen im Tross der feindlichen Heere durch das Deutschland des Dreißigjährigen Kriegs. Ein Arbeitsplatz zwischen den Fronten, freier Markt und Mutterliebe. Am Ende sind die drei Kinder der Marketenderin Anna Fierling tot, doch „Mutter Courage“ hat nichts begriffen. Für Peter Zadek gibt es noch immer kein besseres Stück über ganz normale Menschen im Krieg. Deswegen hat er „Mutter Courage“ jetzt am Deutschen Theater inszeniert, Schauplatz von Brechts legendärer Inszenierung des Jahres 1949. Damals spielte Helene Weigel die Courage. Diesmal wird es Angela Winkler sein. Die Globalisierung hat das Nachdenken über die Ursachen von Krieg verändert, doch der Kapitalismus gehört nach wie vor zu den Hauptverdächtigen. Während in Evian am Genfer See der G-8-Gipfel steigt, inszeniert an der Schaubühne Wulf Twiehaus ein Stück über den G-8-Gipfel des Jahres 2001, an dessen Rand es zu den bisher blutigsten Zusammenstößen zwischen Polizei und Globalierungsgegnern kam, wobei der junge Carlo Guiliani ums Leben kam. Fausto Paravidino, der „Genua 01“ geschrieben hat, wurde 1976 ebendort geboren. Vergangenes Wochenende hat die Volksbühne im Rahmen der ErsatzStadt einen Kiosk für nützliches Wissen eröffnet, eine Art transportable Architektur für propagandistische Redner. Diese Woche befasst man sich dort am Beispiel Israels mit Architektur, Stadt- und Landschaftsplanung als strategisch-politische Waffe. Kiosk wird mit Originalkombattanten eine Debatte abbilden, die seit Jahren zum Thema in Israel geführt wird. Aber Achtung: Weil das Ganze nicht bloß Politik, sondern auch ein Kunstprojekt ist, kann es zu erheblichen Diskursschwankungen kommen.