Wochenübersicht: Bühne : Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Lange hat man nichts von ihm gehört. Auch ist er nicht mit der Raubkatze verwandt, die kürzlich Tiger-Dompteur Roy im Hotel Mirage, Las Vegas, lebensgefährlich verletzte: „Der Tiger von Eschnapur“ ist wieder da. Und eröffnet die neue Prater-Saison mit einem neuen Pollesch-Drama im Resonanzraum des alten Films von Fritz Lang. O-Ton-Probe: „Du Scheißkino! Ich kann’s nicht mehr sehen … Irgendwelche alltägliche Scheiße und ihre Identitäten, aus denen Universell-Menschliches extrahiert wird.“ Nicht von Lang, sondern von Sophokles stammt „König Ödipus“. Eine Stadt sucht einen Mörder, und König Ödipus von Theben stellt fest, dass er selbst der Gesuchte ist. Regiealtmeister Hans Neuenfels sieht in der zweieinhalb Jahrtausende alten Tragödie auch die Tragödie der Wahrheit selbst. „In einer Gesellschaft, die nur beschreibt, fragt ein Mensch rücksichtslos nach. Er wird blind, weil er erkennt.“ Premiere heute Abend im Deutschen Theater. Dort ist ab Samstag auch wieder Dimiter Gotscheffs gefeierte Inszenierung von Arthur Millers Krisendrama „Tod eines Handlungsreisenden“ mit Christian Grashoff in der Titelrolle zu sehen. Von den Krisen, die das Verhältnis der USA und Großbritanniens zum Rest der Welt durchlaufen hat, handelt „The English Comedy Affair“ einer Truppe von rasenden Stand-up-Comedians bei den Friends Of Italian Opera. Ein Opfer der Krise ist das Ballett der Komischen Oper, das es bald nicht mehr geben wird. Der neue Tanzabend „Poem/The Body of Poetry“ ist eine Gemeinschaftschoreografie von Didy Veldman, Dominique Dumais und Marguerite Dolon (Premiere 18. 10.). Fast schon traditionell sind die Oktobertage (ab 16. 10.) des Berliner Ensembles, wo der Deportation der Berliner Juden gedacht wird: in diesem Jahr mit Lesungen und Zeitzeugenberichten vom Aufstand in der Rosenstraße.