Wochenübersicht: Bühne : Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Das Jahr geht zu Ende und alle blicken noch einmal zurück. Wir schauen trotzdem unermüdlich nach vorne, und zwar auf die Spielpläne der kommenden Woche. Da kündigt zum Beispiel das Deutsche Theater die philosophischste aller deutschen Komödien an, nämlich Heinrich von Kleists „Amphitryon“. In diesem traumtänzerischen Lustspiel stellen die Götter die Treue der Menschen auf die Probe, und die Menschen erhalten auf diesem Weg eine Lektion in Sachen Gnade. Es inszeniert Stefan Bachmann, und zwar zum ersten Mal am Deutschen Theater, wobei er auf so großartige Kräfte des Hauses wie Samuel Finzi, Katharina Schmalenberg und Anne Ratte-Polle zurückgreifen kann. In diese letzten Tage des Jahres fällt auch der 10. Todestag von Heiner Müller. Das Berliner Ensemble, dessen Intendant er bis zu seinem Tod gewesen ist, hat bei Thomas Oberender und Moritz von Uslar ein Stück bestellt und Philipp Tiedemann wird die Séance „100 Fragen an Heiner Müller“ inszenieren. „Der Tod ist ein Irrtum“, findet dagegen Müllers letzte Ehefrau Brigitte Maria Mayer und stellt am 9. Januar in der Akademie der Künste ein Buch dieses Titels vor, in dem sie Fotos, Texte und Faksimiles handschriftlicher Notizen aus Müllers letzten Lebensjahren zusammengestellt hat. Aber da sind wir dann definitiv schon im neuen Jahr angekommen. Zunächst müssen wir jedoch das alte ordentlich beenden. Vielleicht im Hackeschen Hoftheater, wo am Silvestertag eine Epoche zu Ende geht. Denn Berlins jiddisches Theater muss wegen einer unbezahlbaren Mieterhöhung raus aus den schicken Höfen, zu deren Flair es in den letzten zwölf Jahren einiges beigetragen hat. Silvester verabschiedet sich das kleine Theater, das aus dem abgewickelten Pantomimenensemble des Deutschen Theaters hervorgegangen ist, mit dem Spezial „Alles muss raus!“ für immer aus Mitte.