Wochenübersicht: Bühne : Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Diese Frau wäre bei Heidi Klums Modelshow kalt abgeblitzt: Yvonne, die Prinzessin von Burgund. Denn sie ist hässlich, stumm und auch sonst ziemlich unmöglich. Trotzdem beschließt Prinz Phillip in einem Anfall von Rebellion, diesen Angriff auf sämtliche Schönheits- und sonstige Ideale zu ehelichen: Die Staatskrise ist vorprogrammiert. Der polnische Dramatiker Withold Gombrowicz schrieb seine berühmte Gesellschaftssatire bereits 1935, doch erst in den Sechzigerjahren wurde sie zum modernen Klassiker. Einen Großteil seines Lebens verbrachte Gombrowicz in Buenos Aires, wo er auf einer Reise 1939 vom Ausbruch des Zweiten Weltkriegs überrascht worden war. Am Berliner Ensemble inszeniert jetzt Günter Krämer die Geschichte der seltsamen Prinzessin, die durch ihre Verlobung mit dem selbstgefälligen Prinzen zum Hassobjekt der Gesellschaft wird, eine Rolle, die sie schließlich mit dem Leben bezahlt. Ebenfalls tragisch verläuft die Beziehungsgeschichte, die Fausto Paravidino in seinem Stück „Zwei Brüder“ erzählt. Auch da gibt es am Ende eine Leiche. Im Ballhaus Ost inszeniert David Unseld das Stück, dessen komisch pointierten Dialoge einen klaustrophobischen Mikrokosmos skizzieren. Darin geht es nur vordergründig um Putzregeln und Einkaufspläne. Im Grunde wird die Frage verhandelt, wie man miteinander leben kann, ohne sich umzubringen. Tote gibt es auch in der Staatsoper Unter den Linden, wo Stefan Bachmann eine weitere unglücklich verlaufende Beziehungsgeschichte erzählt, Richard Wagners „Tristan und Isolde“. Nach wie vor ungetrübt ist das Beziehungsglück der Volksbühne zum großen mentalen Brudervolk in Russland, weshalb am Rosa-Luxemburg-Platz diese Woche kurzerhand zur „Russenwoche“ erklärt worden ist. Ein Höhepunkt ist Jürgen Kuttners Revue „Lovely Lenin“ am Samstagabend.