piwik no script img

WochenmärkteEin Kollwitzmarkt für Pankow

Das Bezirksamt Pankow erhofft sich von einem neuen Marktbetreiber eine Aufwertung des Wochenmarkts in der Breiten Straße. Das Konzept stößt aber bei den Händlern auf Widerstand.

Paare mit schicken Tüten in der Hand, aus denen Lauchstangen und Haselnusszweige herausragen. Herumstöbernde Mittdreißiger stehen Schlange vorm Ökogemüsestand. Szenen wie diese kennt man bislang nur vom Kollwitzmarkt in Prenzlauer Berg.

Noch.

Denn auch auf dem Wochenmarkt in der Breiten Straße im Zentrum von Alt-Pankow soll es bald Prenzlberg-Feeling geben. Im Oktober hatte das Bezirksamt wegen Stellenstreichungen in der Marktverwaltung die Leitung der kommunalen Pankower Wochenmärkte an private Betreiber ausgeschrieben. Von den anfangs 35 Bewerbern kamen 17 in die engere Auswahl. Auch die Händler selbst hatten sich beworben.

Andreas Strube, der neben dem Wochenmarkt am Hackeschen Markt auch den Markt am Kollwitzplatz leitet, bekam letztendlich den Zuschlag. Seit 1. Dezember untersteht ihm nun auch der Wochenmarkt in der Breiten Straße. "Der Markt soll behutsam aufgewertet werden, sodass die Kunden dableiben", verspricht er. Deshalb solle dem Markt auch der Stamm der alten Verkäufer erhalten bleiben. "Außer der Unterwäsche, die sortieren wir aus", sagt er. Vom Kollwitzplatz kämen ja auch einige Händler mit neuen, besonderen Angeboten mit nach Pankow.

Doch Strubes Wunsch nach Veränderung wird nicht von allen geteilt. Das beginnt schon beim Markttag. Der fällt in Pankow traditionell auf den Mittwoch, dann kaufen vor allem die RentnerInnen aus dem Kiez ein. "Ich komme aus Thüringen und bin schon zu Ostzeiten zum Einkaufen hierhergekommen", erzählt die 63-jährige Karin Reinhardt. Sie erinnert sich, dass schon damals der Mittwoch der belebteste Markttag war. Umso irritierter ist sie, dass der Markt im Januar 2008 vom Mittwoch auf den Samstag verlegt wurde. Die Tage Dienstag und Freitag sollen bleiben.

"Der Markt muss sich an die veränderte Bevölkerungsstruktur anpassen", meint dagegen der Pankower Stadtrat für öffentliche Ordnung, Jens-Holger Kirchner (Grüne). Denn auch Alt-Pankow sei inzwischen ein junges Gebiet geworden, dessen Bewohner andere Bedürfnisse und Einkaufsgewohnheiten hätten. Deshalb müsse auch der Samstag als Markttag etabliert werden, da die arbeitende Bevölkerung unter der Woche wohl kaum zum Einkaufen komme.

Manch ein Händler sieht von der Umstrukturierung allerdings seine Existenz bedroht. "Man kommt sich vor, als ginge man zu seiner eigenen Beerdigung", sagt Heinz Raderkopp. Seit 29 Jahren stehe er mit seinen Pflanzen schon auf dem ehemaligen Pankower Dorfanger. Nun befürchtet der 59-Jährige nicht nur den Verlust seiner Stammkundschaft, auch eine mögliche Erhöhung der Standmiete und Platzeinsparungen machen ihm Sorgen.

Laut Bezirksamt soll nämlich nicht nur das Angebot des Marktes, sondern auch dessen Erscheinungsbild aufgewertet werden. Dafür will der neue Betreiber einheitliche Verkaufsbuden herstellen lassen. "Mit meinen 250 Blumenkisten weiß ich nicht, wie das passen soll", sagt Raderkopp.

"Jetzt sollen wir auch noch unsere Wagen woanders parken", echauffiert sich auch Pantoffelhändler Mario Heine. Bisher hatten die Händler ihre Transporter direkt am Stand auf einem Parkstreifen geparkt. Das soll laut Bezirksamt ein Ende haben. "Der Platz sah immer aus wie eine Wagenburg", begründet Wolfram Kempe, Bezirksverordneter der Pankower Linksfraktion, die Entscheidung. Auf dem Markt am Kollwitzplatz würden die Händler ja auch ohne Probleme um die Ecke parken. Das Konzept Strubes für den Pankower Markt, die Wagen auf seine Kosten im Parkhaus des Rathauscenters zu parken, finde er überzeugend.

Die Bezirksverordneten erhoffen sich von Strube eine positive Entwicklung auf dem Pankower Marktplatz. Durch Qualitätssteigerung und die Gewinnung neuer Kunden wollen sie den wirtschaftlichen Einbußen der letzten Jahre beikommen.

Doch ob der Pankower Wochenmarkt mit dem neuen Konzept am Erfolg vom Kollwitzplatz anknüpfen kann oder die Händler mit ihren Befürchtungen recht behalten, wird sich laut Wolfram Kempe erst nach dem nächsten Sommer herausstellen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!