Wo ist die Post? : Bananenrepublik
„Bananenrepublik“, sagte Jan. Sofort war klar, er dachte dabei an sein Land und nicht an die Bundesrepublik, denn von „Duitsland“ spricht Jan stets in den höchsten Tönen und meint dann das Flair von Berlin.
Wer in seinem Land so etwas Altmodisches wie einen Brief verschicken will, begibt sich in einen Supermarkt oder Schreibwarenladen mit einer Servicestation für traditionelles Postgut. Das ist konkret eine automatische Waage, die manchmal absurde Tarife vorschlägt. Manches Mal wird Post statt dem Empfänger dem Absender zugestellt.
„Bananenrepublik“ also sagte Jan, ein Päckchen aus D war verschollen. Eine Berliner Freundin hatte es vor elf Tagen losgeschickt. Jan hat ohnehin den Eindruck, in einem etwas wirr gewordenen Land zu leben. Kürzlich habe er im Fernsehen wieder eine dieser irritierenden Parlamentsszenen gesehen: Der Rechtspopulist sagte zum Ministerpräsidenten: „Benimm dich mal normal, Mann!“ Der Ministerpräsident erwiderte: „Benimm dich selber normal! Tsjongejongejonge.“
Tsjongejongejonge, dachte ich, als die Freundin in einem Kreuzberger Café aus der Antwort der Deutschen Post auf ihr Nachforschungsgesuch zitierte. Von Regelungen des Weltpostvertrages war die Rede, von Postorganisationen der Bestimmungsländer, denen es freistehe, Nachforschungen zu Sendungen ohne Zusatzleistungen durchzuführen. Weil Weg und Verbleib eines Briefes ohne Zusatzleistung nicht nachzuweisen seien, lehnten alle Postunternehmen des Weltpostvereins Nachforschungen zu jenen Sendungen ab. Mitgeteilt wurde dies unter einem abenteuerlichen Betreff, einer Monsterkolonne aus Ziffern, Zeichen und Buchstaben. Echt Deutsch, dachte ich.
Tage später meldete Jan, die Post sei besorgt. Der Postmann habe extra geklingelt und die Verspätung entschuldigt.
GUNDA SCHWANTJE