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Wirtschaftsweiser Peter Bofinger"Das Gesetz ist unterirdisch"

Peter Bofinger vom Sachverständigenrat kritisiert das Wachstumsgesetz von Schwarz-Gelb: Die neue Regierung stecke den Leuten Geld in die Taschen, ignoriere aber Zukunftsaufgaben

Die marode deutsche Wirtschaft wieder ins Rollen bringen. Bild: Wolfgang Staudt - Lizenz: CC-BY
Hannes Koch
Interview von Hannes Koch

taz: Die Bundesregierung hat ihr Wachstumsbeschleunigungsgesetz vorgelegt. Hält das Vorhaben, was es verspricht?

Peter Bofinger: Dieses Gesetz ist unterirdisch und ein völlig untauglicher Versuch, auf die Wirtschaftslage zu reagieren. Indem die Regierung beispielsweise die Mehrwertsteuer für Hotels senkt, gewährt sie nur eine zusätzliche Subvention. Die Unternehmen stecken sie als Gewinn ein, ohne dass in nennenswertem Umfang positive Effekte ausgelöst würden. Ähnlich sieht es beim höheren Kindergeld und Kinderfreibetrag aus. Es wäre zehnmal besser, das Geld in die Schulen und Kindertagesstätten zu investieren. Dort könnte man damit tatsächliche Verbesserungen finanzieren und wirkliche Investitionen für die Zukunft tätigen. Eine Regierung, die den Leuten nur Geld in die Taschen steckt, ignoriert die Zukunftsaufgaben.

Mit dem Gesetz will Schwarz-Gelb das Wachstum anregen. Kann das funktionieren?

Bild: ap
Im Interview: 

Peter Bofinger lehrt und forscht als Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Würzburg. Seit 2004 ist der 55-Jährige einer der fünf Wirtschaftsweisen, die die Bundesregierung ökonomisch beraten.

Beim Sachverständigenrat haben wir noch nicht einmal ausgerechnet, welchen Wachstumsbeitrag das Gesetz auslöst. Seine Wirkung bleibt, zurückhaltend ausgedrückt, sehr begrenzt. Was sicher stattfindet: Bezieher höherer Einkommen profitieren vom höheren Kinderfreibetrag.

Indem sie die Steuern für Gutverdiener, Unternehmen und Erben senkt, möchte die Koalition die sogenannten Leistungsträger anspornen. Ein tauglicher Versuch?

Im historischen Vergleich liegt die Einkommensteuer schon jetzt sehr niedrig. Unter Bundeskanzler Helmut Kohl betrug der Spitzensteuersatz 56 Prozent. Heute sind es 45 Prozent. Ich weiß nicht, wo das Problem liegen soll. Wohlhabende und Reiche strengen sich doch nicht mehr an, weil sie noch ein paar hundert Euro zusätzlich auf dem Konto haben.

Welche Maßnahmen schlagen Sie der Regierung stattdessen vor?

Sie sollte die niedrige Abgeltungsteuer von 25 Prozent abschaffen und die Kapitalerträge wieder der normalen, höheren Einkommensteuer unterwerfen. Es ist sozial- wie wirtschaftspolitisch sinnlos, Sparen in diesem Maße zu fördern. Was wir brauchen, sind Investitionen in den Unternehmen, die Arbeitsplätze schaffen. Die sollte man unterstützen, indem man die Abschreibung erleichtert.

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