Wirtschaftskrise bei ProSieben und Sat.1: Brutal daneben
ProSiebenSat.1 geht es gar nicht gut, belegen die Zahlen für 2008. Der neue Chef Thomas Ebeling hat dagegen keine Konzepte, nur Sparpläne.
MÜNCHEN taz Zumindest auf dem Gang lacht noch einer: Kai Pflaume, von einem alten Plakat. Über seinem Grinsen steht "Powered by Emotion", darunter "Kai Laune". Das war die gute alte Zeit bei Prosieben und Sat.1: Der Laden war zum Schreien peinlich, aber eben auch erfolgreich, wirtschaftlich zumindest.
Die Zahlen für das Jahr 2008, die die ProSiebenSat.1 Media AG am Mittwoch präsentiert hat, sind selbst in Zeiten der Anzeigen- und Medienkrise überdurchschnittlich ernüchternd. 129,1 Millionen Euro Verlust hat der Medienkonzern im vergangenen Jahr produziert. Der Umsatz ging um sechs Prozent zurück. Vor allem das Kerngeschäft siecht vor sich hin. Allein im Winterquartal 2008 gingen im deutschen Free-TV die Einnahmen um 12,3 Prozent zurück. Auf dem Konzern lasten Schulden von 3,4 Milliarden Euro.
Thomas Ebeling soll den angeschlagenen Medienkoloss nun zurück zu alter Stärke führen. Bis Oktober war Ebeling noch Manager beim Pharmakonzern Novartis. Seit drei Tagen ist er neuer ProSiebenSat.1-Chef. Es ist sein erster Job in den Medien. So schlurft Ebeling mit schlaff nach vorne gebeugtem Kopf zur Pressekonferenz. Für die Fotografen ballt er beide Fäuste. Er sieht aus wie ein Dorfpolitiker, der fürs Wahlplakat posiert.
Schuld seien Probleme mit dem Verkauf von Werbezeiten und die Wirtschaftskrise, erklärt Ebeling in seinem auf Englisch gehaltenen Vortrag mit hartem deutschen Akzent.
Der Spielraum für Ebeling ist begrenzt. Die Mehrheitseigner von ProSiebenSat.1, die Finanzinvestoren Permira und KKR, haben dem Konzern milliardenschwere Schulden aufgebürdet. Im September 2008 lagen die noch bei satten 3,85 Milliarden Euro. Dank des Verkaufs des skandinavischen Pay-TV-Senders C-More sind es nun immerhin 320 Millionen Euro weniger. Doch für weitere Verkäufe gibt es im Moment keinen Markt. So versucht Ebeling, auch im laufenden Betrieb zu sparen: "Wir müssen effizienter werden."
Das soll keine Einsparungen an der Programmqualität bedeuten, beteuert Free-TV-Chef Andreas Bartl. Man werde auch 2009 genauso viel Hollywoodserien und -filme zeigen wie bisher. "Wir werden nichts tun, was unserer Wettbewerbsfähigkeit schadet", verspricht er. Und natürlich könne man bei der Sendergruppe gutes Programm machen und gleichzeitig sparen. "Yes we can", ruft Bartl. Doch bahnbrechende Programminnovationen kann er für das kommende Jahr keine präsentieren. Die Fußballshow "Ran" werde zurückkommen und Stefan Raab werde seinen "Schlag den Raab"-Ableger "Beat the Star" präsentieren. Und dann gebe es ja auch noch "Navy CIS". Mehr hat Bartl nicht zu bieten. Außer den Synergieeffekten, die er sich vom Sat.1-Umzug nach Unterföhring verspricht. "Know-how-Transfer in Realtime", nennt Bartl das.
Doch mit dem Know-how von Sat.1 ist das so eine Sache. Die meisten der Berliner Mitarbeiter, haben sich entschieden, nicht nach München umzuziehen, und lassen sich lieber ihre Abfindung auszahlen. Ganze Abteilungen, etwa in der Programmplanung, müssen nun neu besetzt werden. Er bedauere die Entscheidung der Sat.1-Mitarbeiter, meint Bartl. Doch in München gebe es genug qualifiziertes Fernsehpersonal auf dem Markt.
Entgegen zuletzt kursierender Gerüchte möchte man bei ProsiebenSat.1 selbst an einer ganz akut kriselnden Sparte festhalten - dem Quiz-Kanal 9Live. Der weist schon für 2008 eine miserable Bilanz auf und erwartet auch durch die neuen strengeren Gewinnspielregeln der Landesmedienanstalten neue Einbrüche. "Wir haben keinen Verkauf vor", sagt Vorstandschef Ebeling.
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