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Wirtschaftsförderung für „Sklavenhändler“

■ Umstrittener Unternehmer soll Bremerhavener Yachtzentrum retten / 1,6 Millionen Mark-Spritze

Mit der Bremerhavener IG Metall liegt er im Dauerclinch, vom Bremer SPD-Senat bekommt er Wirtschaftsförderungsmittel in Millionenhöhe. Die Rede ist von dem Bremerhavener Unternehmer Heinrich Rönner, Spezialist in Sachen Leiharbeit. Rönner kam vor einem Jahr als „Sklavenhändler“ in die Schlagzeilen, weil er als Großhändler mit menschlicher Arbeitskraft auf den Werften lukrative Geschäfte macht. „Heuern und feuern“ wirft beispielsweise der Bremerhavener IG Metall-Chef Wilfried Seegebade Rönner vor.

Ausgerechnet Rönner ist nun ausersehen, die Bremerhavener Blütenträume von einem florierenden Yachtbau-Unternehmen in die Tat umzusetzen, ein Vorhaben, an dem 1987 schon die Hanseatische Lloyd Werft trotz drei Millionen Mark Subventionen aus dem Landeshaushalt gescheitert war. Das neue Unternehmen, mit dem Bremerhaven sich einen Platz an der Yachtbausonne erobern will, heißt „Die Boot Bremerhaven GmbH“. Und wie schon der pleitegegangene Hanseatische Lloyd entwickelt sich das zu einem Faß ohne Boden.

Bei der „Boot“ sind elf kleinere Firmen, zum Teil zwei Mann -Betriebe, Mitgesellschafter. Wichtigster Partner: Die „Baron Yachtbau GmbH“, ein Unternehmen, in dem „Sklavenhändler“ Rönner das Sagen hat. Bereits 1988 wurden etwa vier Millionen Mark an Wirtschaftsförderungsmitteln bewilligt. Jetzt will Baron Yachtbau vergrößern, ohne über ausreichend Kapital zu verfügen. Kein Problem für einen findigen Unternehmer und die Subven

tionsspezialisten beim Wirtschaftssenator: Über eine Beteiligungsgesellschaft hinter der sich ebenfalls Rönner verbirgt, wurden gestern insgesamt 1,6 Millionen Mark für „Baron Yachtbau“ bewilligt, damit das Unternehmen zwei Hallen im Fischereihafen kaufen und umbauen kann. Neben den „normalen“ Zuschüssen von 15 Prozent der Investitionssumme, der Übernahme von Abriß-und „Sonderkosten“, ließen sich die Wirtschaftsförderer etwas besonderes einfallen. Ein zinsloses Darlehen von 540.000 Mark, das nur zurückgezahlt werden muß, wenn Baron kräftige Gewinne macht.

Für den CDU-Finanzexperten

Günter Klein ist die verdeckte Subvention ein Verstoß gegen das Haushaltsrecht. Was Klein genauso wie das grüne Ausschußmitglied Manfred Schramm besonders wurmt: Obwohl von der Opposition mehrmals ein Konzept für die „Boot“ angemahnt und von Wirtschaftssenator Uwe Beckmeyer auch zugesagt wurde, lagen auch gestern keine aussagekräftigen Unterlagen zu den Zukunnftschancen des Unternehmens vor. Klein: „Die handeln wieder nach dem Motto 'Augen zu und durch'“. Und der Grüne Schramm sieht eine „unendliche Wirtschaftsförderungs -Geschichte“, mit der die wirtschafliche Instabilität von „Baron“

verschleiert werden solle.

Auch der Sprecher der Ausschüsse, Andreas Lojewski, sieht „ein Risiko“. Daß es bei Baron wirtschaftliche Schwierigkeiten gebe, sei bekannt. Zwar weiß auch Lojewski nicht, ob und wieviele konkrete Aufträge „Baron“ bereits hat, dennoch sei das Projekt „perspektivisch sinnvoll“. Lojewski: „Nur weil damals drei Millionen in den Sand gesetzt wurden, kann man das nicht ganz aufgeben. Wir brauchen einen langen Atem.“ Und daß das Geld an die Firma eines Leiharbeiter-Vermittlers vergeben wurde, habe er erst vor kurzem erfahren. Lojewski: „Da wird noch drüber zu reden sein.“

hbk

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