: Wirbel um Waldheims Papstbesuch
■ Jüdische Organisationen wollen für September geplantes Treffen mit Papst wegen Waldheim–Audienz boykottieren / Der österreichische Außenminister Mock kritisiert „Haß“ Israels
Wien(afp/dpa) - Die Audienz, die der Papst am kommenden Donnerstag dem umstrittenen österreichischen Staatspräsidenten Kurt Waldheim gewähren wird, hat international heftige Kritik ausgelöst. Nachdem der Sprecher des israelischen Außenministeriums bereits am Donnerstag die Einladung verurteilt hatte, erklärte der Amerikanische Jüdische Kongreß (AJC), seine Vertreter würden nicht an einem für September geplanten Treffen mit dem Papst teilnehmen. Der AJC ist einer von vier jüdischen Verbänden, die das Treffen mit dem Papst geplant hatten. Auch die anderen drei Organisationen drohten mit einem Boykott. Der Vatikan erklärte hingegen am Samstag, „die Zweifel an der Wertschätzung und am Respekt des Papstes gegenüber dem jüdischen Volk haben zutiefst überrascht und geschmerzt“. Gleichzeitig verwies er jedoch darauf, daß Waldheim demokratisch gewählt worden sei und sich als UNO–Generalsekretär um den Frieden verdient gemacht habe. Der Vatikan gab bekannt, daß der Papst Österreich im Juni kommen den Jahres einen Besuch abstatten wird. In Österreich zeigte sich zunächst große Erleichterung über die Einladung Waldheims. Bundeskanzler Vranitzky erklärte, die Einladung sei eine Geste gegenüber allen Österreichern, und sowohl die Präsidentschaftskanzlei als auch der konservative Außenminister Mock habe sich um die Audienz bemüht. Nämlicher Außenminister, dessen konservative Partei ÖVP die Kandidatur Waldheims unterstützt hatte, fühlte sich bemüßigt, ein Nachspiel für die Beziehungen zwischen Österreich und Israel zu prophezeien, weil Israel die Waldheim–Einladung verurteilt hat. Er zeigte sich „über den Haß erschüttert“, den die Einladung bei den Israelis ausgelöst hätte. Das Boulevardblatt Die Kronenzeitung schrieb, die jüdischen Organisationen protestierten gegen den Besuch, als ob Adolf Eichmann zur Audienz geladen sei. FORTSETZUNG VON SEITE 1
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