: „Wir werden nicht schlafen“
Erstmals seit 25 Jahren stand eine deutsche Handball-Nationalmannschaft wieder in einem WM-Finale. Delegationschef Horst Bredemeier ist fest entschlossen, diesen Erfolg auszuschlachten
Interview ERIK EGGERS
Der frühere Bundestrainer Horst Bredemeier ist Delegationschef der deutschen Handball-Nationalmannschaft, die gestern bei der WM in Portugal gegen Kroatien im Finale stand (bei Redaktionsschluss nicht beendet). Als Vizepräsident des Deutschen Handball-Bundes (DHB) ist Bredemeier zuständig für die Bereiche Leistungssport und Vermarktung.
taz: Herr Bredemeier, zum ersten Mal seit 25 Jahren hat die deutsche Mannschaft ein WM-Finale erreicht. Welche Eindrücke hinterlässt das bei Ihnen?
Horst Bredemeier: Ich bin in sportlicher Hinsicht sehr zufrieden, keine Frage. Die deutsche Mannschaft ist nicht nur sehr positiv aufgetreten, sondern hat in entscheidenden Phasen auch Cleverness gezeigt. Dass in der Heimat dann hohe Medieneffekte abfallen, ist doch klar.
Sie haben seit Oktober 2002, seitdem sie zuständig sind für die Vermarktung, einiges bewegt im DHB. Sind Sie zufrieden, wie es jetzt läuft?
Wir können doch nicht zufrieden sein, das wäre doch völlig falsch. Wichtig war, als ich das Amt angetreten habe, im Präsidium meinen zusätzlichen Aufgabenbereich abzustecken. Ich habe vorher gesagt, ich würde mich gern zusätzlich um die Vermarktung kümmern, wenn die Handball-Marketing Gesellschaft wieder voll an den DHB zurückgeht. Das ist so passiert, und ich habe dann sehr schnell einen Hauptsponsor sowie einen Trikotsponsor finden können. Für die Länderspiele in Deutschland haben wir mit der Deutschen Bahn sogar einen weiteren Partner dazugewonnen. Das ist jetzt ein Anfang, eine gute Grundlage für weitere Konzepte.
Die entscheidende Frage dabei ist: Wie transportiert man den Handball im Fernsehen? ZDF-Sportchef Wolf-Dieter Poschmann behauptet ja immer, Handball sei ein Quotenkiller.
Wenn er sagt, im Sportstudio brechen die Quoten weg, dann ist das eine falsche Aussage. Wenn man Handball und auch andere Sportarten am Ende dieser Sendung platziert, dann laufen immer viele Zuschauer weg, weil die Fußball-Bundesliga auch nach dem dritten Aufwärmen noch der Renner ist. Jetzt ist das außerdem widerlegt worden: Unseren Sieg im Halbfinale gegen Frankreich sahen 5,04 Millionen TV-Zuschauer, das ist ein Marktanteil von über 25 Prozent. Vor allem: Die Quote ist ständig gestiegen. Poschmann redet also dummes Zeug.
Woran liegt es dann, dass Handball so selten zu sehen ist?
Sicherlich hat die Handball-Bundesliga nicht den Wert der Nationalmannschaft, ein Spiel zwischen dem THW Kiel und dem VfL Gummersbach hat nicht die gleiche Bedeutung wie beispielsweise Deutschland gegen Island. Dennoch wehre ich mich gegen Pauschalverurteilungen. Das ZDF müsste sich auch einmal bemühen, den Handball fernsehgerecht zu platzieren, schließlich hat der Handball viel zu bieten.
Am 30. Juni läuft der Vertrag mit SportA aus, der gemeinsamen Rechteagentur von ARD und ZDF. Wie geht es weiter?
Die Bundesliga versucht im Augenblick, sich neu zu positionieren und einen neuen Vertrag auszuhandeln.
Wie man hört, eventuell ohne den DHB.
Stimmt. Aber da werden wir nicht schlafen. Notfalls werden wir einen eigenen Vertrag abschließen.
Ist es nicht sinnvoller, wenn Verband und Liga in dieser Frage zusammenarbeiten?
Das sehe ich auch so. Wir suchen ja auch die Gemeinsamkeiten mit der Liga. Andererseits versucht die Liga gerade, einen eigenen Vertrag mit dem Fernsehen abzuschließen. Das passt nicht zusammen.
Wie lässt sich der Erfolg der deutschen Mannschaft bei dieser WM nachhaltiger transportieren als die Vize-Europameisterschaft in Schweden, die fast unbemerkt blieb?
Wir müssen einfach mehr Höhepunkte konstruieren. Unsere Länderspiele müssen einen Event-Charakter besitzen, wir müssen in größere, möglichst ausverkaufte Hallen gehen und Live-Übertragungen im Fernsehen sichern.
Notfalls in den Dritten Programmen?
Ja. Damit hätten wir überhaupt kein Problem. Wir wissen ja, dass wir im Moment keine Chance haben in der Primetime im ARD oder ZDF. Diesen Größenwahn sollten wir nicht aufbauen. Aber wir sollten am Wochenende in einigen Dritten live und in den Sportschauen mit Ausschnitten vertreten sein. Und wir sollten die Kooperation mit dem DSF weiterführen.
Sie sind unter anderem auch zuständig für die Jugendarbeit. Wie sieht da die Zukunft aus? Gibt es neue Konzepte?
Das ist nicht Aufgabe des DHB, sondern der Landesverbände. Aber es war mein Vorschlag schon 1990, dass eine Juniorenliga der Bundesligavereine eingeführt werden sollte. Bislang aber interessiert sich die Liga nicht sehr für Jugendarbeit, was ich schade finde. Aber auch das wird sich hoffentlich ändern.
Muss der Fußball da nicht als Vorbild dienen?
Fußball hat ganz andere Möglichkeiten mit seinen Internaten und Jugendstützpunkten. Natürlich wäre das schön, auch im Handball so was zu machen, darüber sollten wir diskutieren. Das ist schon deswegen wichtig, weil im nächsten Jahr durch den EU-Beitritt billige Spieler aus Polen und Tschechien in die Bundesliga strömen werden.