: »Wir müssen uns beschnuppern«
■ AL und Bündnis 90 über gemeinsame Fraktion/ Widerstand von Ostseite
Berlin. »Berauschend viel« mitzuteilen habe man eigentlich nicht, aber man hat miteinander geredet: Das erklärten gestern Renate Künast (AL) und Sebastian Pflugbeil (Bündnis 90) nach der ersten gemeinsame Arbeitssitzung der Abgeordneten im Schöneberger Rathaus. In ihrer gemeinsamen Wahlplattform hatten beide Gruppierungen angekündigt, nach der Wahl eine gemeinsame Fraktion zu bilden, und darüber muß jetzt verhandelt werden. Die AL stellt im neuen Abgeordnetenhaus 12 Abgeordnete, Bündnis 90/Grüne/Unabhängiger Frauenverband elf. Ein Beschluß wurde in der Sitzung noch nicht gefällt, da vor allem von östlicher Seite die Widerstände noch erheblich sind. »Wir brauchen noch Zeit zum Beschnuppern«, so Pflugbeil. Die Abgeordneten aus dem Ostteil der Stadt sähen es lieber, eine Fraktionsgemeinschaft einzugehen, die in der Geschäftsordnung aber gar nicht vorgesehen ist. Die Igel dagegen sind an einer gemeinsamen Fraktion interessiert. Inhaltlich sei man sich weitgehend einig, betonten beide, und das Wahlergebnis sei die Grundlage für ein Zusammengehen. »Wir sind oft geschockt über den harten Diskussionsstil bei der AL«, erklärte Pflugbeil, »und wir haben eine andere Geschichte.«
Tatsächlich strittig wird zwischen beiden Teilen sein, ob man in einer gemeinsamen Fraktion auch gemeinsam abstimmt. Die Vorstellung, daß darüber keine grundsätzliche Einigung zu erzielen sein könnte, treibt selbst den ALern den Schweiß auf die Stirn. In der Fraktion des Bündnisses in der Stadtverordnetenversammlung wie in der Volkskammer stimmten die Abgeordneten, wie sie wollten. Auch sonst stoßen trotz langer Zusammenarbeit unterschiedliche Welten aufeinander: Für die Ostler ist beispielsweise unverständlich, daß die Westler so am großen I hängen. Die ALer wiederum haben Probleme damit, daß es auf östlicher Seite keine Quotierung gibt. Sollte keine Einigung erzielt werden, kommt es zu einer grotesken Situation: In beiden Fraktionen wäre dann je eine Abgeordnete des UFV vertreten, da die AL einen Platz zur Verfügung gestellt hat. kd
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