Wir machen das totale Entertainment

■ Demnächst: „Show Park“ statt „Astoria“ / Wie sich Randolf Steger, Multigastronom, einen affenscharfen Discoschuppen vorstellt

Am 24. November macht, wenn alles klappt, am Richtweg der „Show Park Bremen“ auf. Im alten Zentralbad, allwo „Markthalle“ und „Astoria“ eben erst mit Donner und Doria abgekratzt sind, gibt's dann wahrhaftig was zu erleben: Riesendisco mit eingebautem Rummel, jeden Tag neue Inszenierungen, oder, wie der neue Pächter Randolf Steger sagt: „das totale Entertainment“. Steger, allerneuester Unterhaltungspionier und Chef der „Treibhaus Gastronomie-Betriebs-GmbH“ in Itzehoe, Inhaber von 31 Discos, Kneipen, Spielhallen in Norddeuschland, erklärte der taz seine „Erlebnisgastronomie“.

Ja klar, wenn man so große Läden aufmacht, muß man verwegen sein. In Hamburg bau ich jetzt ein Ding mit 12.000 Quadratmetern, in der Mitte ein Glastunnel, da kannste mit dem Auto leibhaftig durch die Disco fahren; oben drüber ein Pool, kannste die Nixen schwimmen sehen, irre, nich. Naja, da hab ich von dem Grunert gehört, Markthalle, dreistöckig und all so'n Firlefanz, und kriegte den Tip, daß der übern Jordan ist, und bin ran. Naja, ehrlich gesagt, ich allein hätte das Ding hier nie gebaut, der absolute Wahnsinn, aber es ist natürlich schön für mich, das jetzt übernehmen zu können, klar, leider zum Nachteil für die Handwerker, die teils wahnsinnig viel Geld eingebüßt haben.

Ja, bei mir, da wird jetzt ziemlich viel anders: ständig Bungee- Jumping inner Disco drin, und diese irren Sprungkissen, da kannste mit Klett-Anzug an die Wand hüpfen und kleben bleiben; ich bau Bonbon-Groschengräber, da kannste mit'm Taucheranzug in zwei Millionen Bonbons reintauchen, und wenn du in einer Minute den roten gefunden hast, gewinnste 'ne Reise. Oder einen Gutschein für das Astronautenrad, was ich da auch stehen hab, gleich hinter dieser Riesenbühne mit Felslandschaft und Wasserfällen. Und nebenan ist ein Rennparcours aufgebaut für kleine ferngesteuerte Monsterautos.

Dann die Action-Theken: Hier unten im Nebenraum ham wir 'n Szene-Point drin, mit mörderharter Szenemusik rauf und runter, da kriegste sowas von anne Ohren, ja und da gibts nur alles aus Dosen. Wenn sie leer ist, schmeißt du sie in'n Basketballkorb; jeder Treffer ein Freigetränk. Mit diesen Dosen mach ich jeden Monat eine Skulptur mit der Kunsthochschule, die wird dann versteigert für einen guten Zweck; ich mach sehr viel mit Behinderten, ich mach sehr viel mit Tierschutz, das sind

Randolf Steger: „Auch bißchen prickelnde Erotik, klar, nee, nix Nacktes“Foto: Katja Heddinga

meine Dinger.

Dann ham wir eine ständige Animation: Meine Angestellten laufen jeden Tag ganz anders rum, zum Beispiel mal alle als „Madonna“ geschminkt, stell dir vor: 65 Madonnas, von der Klofrau bis zum Mixer, muß ich immer selber lachen, oder alle mit 'ner Glatze. Auch bißchen prickelnde Erotik, nee, nix Nacktes. Oder ich hab fahrbare witzige Bars, hier 'n Altar, da 'n Sarg. Im Hamburg hab ich grad eine Badewanne fahren, zwei Klos dran für die Eiswürfel, Mädchen hab ich laufen mit Bauchläden, nebenan gibts eine Playboyhäschenbar, also viel dummes Zeug, aber du wartest eigentlich immer schon drauf: was machen die denn jetzt als nächstes? Tja, wir machen die Leute verrückt, nur nicht zu aufdringlich. Du mußt nicht! Also alles im Rahmen. Und unter achtzehn kommen die mir gar nicht rein, das ist mir zu riskant bei dieser Erlebnisgastronomie.

Auch wichtig: Nie wird die Musik unterbrochen, außer für große Acts, Fernsehstars und so, nehmen wir mal diesen verrückten Neger da, na wie heißt er, der beißt immer in die Stuhlbeine rein. Aber lieber nehm ich mir den Turnverein der Stadt, und plötzlich stehen da Barren, und Ringe hängen runter, und dann turnen da welche mitten in der Disco, ist doch 'ne witzige Klamotte. Mittendrin ein Trampolin, wo alle dürfen! In der Disco- Kleidung! Da sind die hinterher durchgeschwitzt und sind glück

hierhin bitte

den blonden Mann

mit Brille und

Schnauzbart

lich! Ham was gemacht, ham was erlebt. Oder plötzlich prügeln sich zwanzig Mann hier, richtige Stunt-Schlägereien, und nach 'ner halben Stunde klopfen die sich ab und lachen sich halbtot. Das gibt vielleicht fassungslose Gesichter rundrum.

Die filme ich natürlich, die sehn sich dann alle auf Video. Det is so meine Schiene von Erlebnis. In Hamburg mach ich so'n Schickimickischuppen, da hab

„Das wird 'n richtiger Jahrmarkt. Und ich immer mittenmang, wie so'n Bekloppter“

ich Video aufm Klo, sechs Programme mit Joystick, kannste Kameras mit steuern: Die erste im Saal, ob deine Freundin grad einen anbaggert, die zweite nach draußen, bei der dritten steht: „Blick ins Damenklo“. Drückste da den Knopf, geht der Alarm an. Scheiße, sag ich, da lacht der ganze Laden. Und ich immer mittenmang, wie so'n Bekloppter; da heißt's dann: kuckma, der mit dem Zopf, das isser!

Hier im Laptop hab ich noch 1700 Ideen und Spiele gespeichert, wenn die mal alle sind, wird's ernst für mich. Nee, ich mach das ja erst seit zwei Jahren. Weißte, ich hab vierzehn Katzen, mein einziges Hobby; und wenn die Läden immer größer werden, und die spielst mal wieder mit den Katzen, da kommt dir schnell die ganze Welt fürn Arsch vor, und daß du das ganze Disco-Gestampfe so satt hast.

Nein, die Zukunft gehört dem Jahrmarkt.

Und dafür brauchst du tausende jeden Abend. Es sollen ja korrekte Preise sein, alles dreifuffzich, vier Mark. Und um sieben rum fürn Eintritt, der Rest alles inklusiv. Bevor ich mir da teure Stars hole, laß ich mir lieber 'n Hochstuhl einfallen, wo einer oben sitzt, unten wird mit Kugeln geworfen, und bei jedem Treffer versinkt der Stuhl tiefer im Schlammloch. Und dann setz ich mich da oben drauf! Was meinste, was da los ist!

In der Mitte die Disco, die läuft volle Dröhnung, die beknacke ich, da baller ich alles zu, aber sobald du rausgehst, wirds viel ruhiger, mit Kneipen, mit lauter Theken-Inseln: Da herrscht einmal die Karibik vor, einmal die Nordsee, dann gehn wir in den Südseebereich rein und dann in den griechischen Mittelmeerbereich rein, überall Urlaub also. Und vierteljährlich eine neue Attraktion; jetzt grad ist Orient angesagt: hier oben mit Schwoof und Wasserpfeifen. Einfach mal was anderes. Den Rest kenn'wa doch alle.

Was? Nee, ich zahl ja weniger Pacht als Grunert. Mein Umsatz? Naja, so über zwanzig Millionen. Und hier in Bremen, na, eineinhalb Millionen hab ich hier reingesteckt auf meine sparsame Art, nochmal soviel stammt aus meinem Fundus: Ich kauf ja das meiste auf Versteigerungen auf. Und wenn ich irgendwo umsonst 500 Strumpfhosen einsacken kann, dann werden die eben mal im Saal groß verschenkt. So halt ich die Kosten niedrig, da kommt mein alter Geiz wieder durch. Ja, regelmäßig hab ich Streit mit meiner Frau wegen der Kohle; hier, sagt sie, da machen wir eine Tropfsteinhöhle rein — was, sag ich, mach mich nicht wahnsinnig. Jetzt machen wir's doch, aber billiger.

Aber natürlich werden wir auch ein, zwei Wohltätigkeitsbälle machen für irgendwas, vorwiegend Behinderte und Tierschutz, wie gesagt, da fördern wir ganz groß. Man kann hier aber den Saal auch für Konzerte haben, nur selber mach ich keine, ist nicht mein Ding, nur die Gastronomie. Gern auch bei „Italienischen Nächten“, was Radio Bremen hier plant, oder sowas, kann man alles machen, ist mir alles egal. Auch Schulen können das Ding für umsonst haben, wenn die mal mit ihrem Theater in einem schönen Ambiente, naja, wir haben ja nur freitags und samstags auf; an den restlichen Tagen je nachdem. Ich brauch bloß keine Chaoten.

Was? Schon komisch, daß mir den Erfolg keiner nachmacht, aber wahrscheinlich bin ich einfach zu schnell. Für den nächsten Laden hab ich schon wieder was ganz Neues. Ja, gut, danke auch, findste raus?

aufgeschrieben von

Manfred Dworschak