Wir lassen clicken: Muß man Münchs foule Quote wissen?
■ Idiotensicher: Statistiksoftware „Fußball-Ligenverwaltung 5.0“
Muß man wissen, daß der oberschenkelstarke Gerd Müller genau 365 Bundesligatore geschossen hat? Oder daß Kaiserknecht Katsche Schwarzenbeck ein trefflicher Torverhinderer war, aber auch vorne genau 21mal den richtigen Riecher hatte? Rekordrotsünder? Wolfgang Funkel: fünfmal, gefolgt von Markus Münch mit recht fouler Quote: 81 Spiele, aber viermal raus. Spitze in Gelb? Lothar Woelk mit 77 Stück. Und Mirko Votava ist der lernfähigste Profi. Keiner wurde so oft verwarnt und doch nie vom Platz gestellt: 63mal.
Und so geht es weiter in dieser reichlich gefütterten Datenbank: Bremens Votava-Antagonist Marco Bode sah wirklich erst einmal Gelb, Stefan Kohn vergab schon bei sechs Klubs alle Torchancen, Rekordtorjäger der zweiten Liga ist Siegfried Reich mit 92 Treffern vor Frank Mill mit 87.
Die meisten Treffer fielen in der ersten Saison, aber in keinem Match waren es bis heute mehr als 12. Gerd Hennig aus Duisburg (1964-82) war mit 161 Einsätzen der pfeifigste Schwarzmann; Gyula Lorant trainierte 7 Klubs. Im Frühjahr 1984 wurden die Bayern Erster der Ewigen Tabelle.
Alle Daten lassen sich mit schnellem Klick aus dem Softwareprogramm „Fußball-Ligenverwaltung 5.0“ herauslesen. Der Schwerpunkt liegt auf nett aufbereitetem nüchternem Zahlenmaterial; wohltuend ist der Verzicht auf Multimedia- Schnickschnack und überbordende Grafiken. Das Ganze ist übersichtlich aufgebaut und leicht bedienbar. Und: Ein Programm, das – keineswegs selbstverständlich – idiotensicher und flink installiert ist.
Es finden sich: alle Spiele der ersten und zweiten Liga (dazu teilweise Regionalligen) mit Datum, auf vielfache Art filterbar (etwa alle Begegnungen Gladbach – Bayern), alle Arten von Tabellen zu jedem Spieltag, alle jemals eingesetzten Spieler mit vielen biographischen und fußballerischen Daten, auch nach Vereinen sortierbar (wie skurril Bayer Uerdingen 1990/91 Neuzugang Stephane Chapuisat unterschätzte – ganze zehn Einsätze!). Kein Bundesligist schaffte übrigens mehr Heimniederlagen als Schalke 04 – 98! Bayern gewinnt daheim 72,85 Prozent aller Begegnungen, verlor aber 1977 – Vereinsrekord – einmal fünf Spiele nacheinander. Muß man das denn alles wissen?
Das Programm ist für durchgefreakte Fans gemacht (auch zum eigenen Update Spieltag für Spieltag), für beruflich Fußballbetraute („Selbst das DFB- Ligasekretariat arbeitet bereits erfolgreich damit“ – Werbung) und Fachjournalisten. Diese sind, laut Inserat, „hellauf begeistert“. Begeistert, hellauf? Nicht unbedingt. Das aber liegt eigenverschuldet an der Unersättlichkeit des Nutzers: Einmal im Stöberrausch, will man noch viel mehr wissen will: Elfmetertrefferquote, Genaueres zum Pokal, der auch hier ein Schattendasein fristet. Vielleicht auch eine Galerie des Versagens: Eigentorschützen, schlimmste Elfmeterversager et cetera.
Ein Update im Juli, sagt Programmtüftler Reinhard Bitter, werde vieles davon schon abdecken, etwa alle Pokalergebnisse seit den 20er Jahren und auch alle Spiele mit allen Details der Nationalmannschaft. Irgendwann, sagt Bitter, werde es zu allen Bundesligaspielen alle Einzelheiten geben.
Das wird was für den Nostalgiker: Wer hat eigentlich damals im Duisburger Wedaustadion – am 5. Juni 1971, soviel findet sich immerhin schon – die beiden MSV-Tore gegen die Bayern geschossen, die denen die Meisterschaft versauten...?
Bayern-Fan Bitter will, schon aus Eigeninteresse, solche Details demnächst einprogrammieren: „Saarbrücken hat mal 6:1 gegen München gewonnen, drei Tore Stegmayer, aber die anderen Torschützen weiß ich nicht mehr...“ Da bleibt halt doch nur – immerhin im Doppelpaß mit dem PC-Programm – das gute alte Zeitungsarchiv. Bernd Müllender
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