: Wir auf der Weltausstellung
EXPO 2010 Ohne falsche Elle und verstecktes „Handgeld“: Bremen und der Nordwesten sind ab Mai in Schanghai dabei. Für die Bremer Wirtschaft und Wissenschaft ist China top
Von HENNING BLEYL
Bremen investiert 700.000 Euro, um ab dem 1. Mai auf der Expo Schanghai dabei zu sein. Auf der sechsmonatigen Mega-Messe sind auch Firmen und Universitäten aus dem gesamten Nordwesten vertreten, darunter sämtliche Bremer Hochschulen und der Oldenburger EWE-Konzern. Sie tragen weitere 2,3 Millionen Euro zum gemeinsamen Messeauftritt bei, wie Wirtschafts-Staatsrat Heiner Heseler (SPD) gestern erläuterte.
Es ist die erste Expo, auf der sich einzelne Kommunen präsentieren dürfen. Die allerdings zögern: Weltweit beteiligen sich lediglich rund 50 Städte, aus Deutschland kommt mit vier Vertretern eines der stärksten kommunalen Kontingente. Sie alle präsentieren, passend zum Expo-Motto „Better City, Better Life“, ein ökologisches Konzept: Freiburg den energetischen Umbau einer Kasernen-Siedlung, Hamburg ein komplettes Niedrigenergiehaus, Düsseldorf die Verkehrsberuhigung des Rheinufers. Bremen hat sich mit dem Thema Car-Sharing beworben – immerhin sitzt hier mit „Cambio“, einst im besetzten Kulturzentrum Lagerhaus erdacht, die mittlerweile größte deutsche Auto-Teil-Firma.
Den Chinesen habe das Carsharing-Thema „gefallen“, sagt Heseler, der hiesigen Wirtschaft weniger. Auch die Wissenschaft hat mit offensichtlichem Erfolg auf eine Konzepterweiterung gedrungen: Während sich die Oldenburger Uni mit ihrem E-Auto noch einigermaßen nah am Thema bewegt, ist der Tauchroboter des Bremer Zentrums für Marine Umweltwissenschaften deutlich woanders unterwegs: „Ich habe mich vielleicht ein bisschen vorgedrängelt“, sagt Marum-Chef Gerold Wefer, „aber das ist halt so“. „Green Shipping“ schließlich, mit dem die Beluga-Reederei dabei ist, hat mit Car Sharing nur noch phonetische Verwandtschaft.
Für die Bremer Wirtschaft ist die Expo immens wichtig: „China“ ist mit 400 Mitgliedern das größte der von der Handelskammer eingerichteten Ländernetzwerke, mindestens 150 Bremer Firmen unterhalten regelmäßige Geschäftsbeziehungen. Immerhin zwei Millionen Menschen sollen die 500 bremischen Quadratmeter besichtigen, deren Gestaltung von der Hochschule für Künste übernommen wurde – es handelt sich also keinesfalls um den berüchtigten neuen Bremen-Stand, bei dem sich die Touristik-Zentrale gerade durch die Anwendung einer angeblichen „Roland-Elle“ – ein Aprilscherz – hervortat.
Andererseits wirkt der Schanghai-Auftritt auf den Simulationen etwas nüchtern. „Wir werden den Kitschfaktor erhöhen“, verheißt Klaus Sondergeld von der Wirtschaftsförderung. Um dann, ein wenig ernüchternd, hinzuzufügen: „Wir werden Realbilder aus Bremen einbauen.“ Zum Beispiel eine „sehr eindrucksvolle Rathaus-Silhouette“.
Verglichen mit anderen Städten hat Bremen seine Wirtschaft effektiv eingebunden: Düsseldorf lässt sich seine Messepräsenz 2,7 Millionen öffentliche Euros kosten, Hamburg errichtet in Schanghai eine Sechs-Millionen-Euro-Immobilie. Bremen werde im Übrigen keine Mittel für das berühmte „Handgeld“ bereitstellen, versichert Heseler auf Nachfrage: Mit solch inoffiziellen Ausgaben versucht die Berliner Wirtschaftsförderung, wie gerade bekannt wurde, chinesische Journalisten zur Teilnahme an Pressekonferenzen zu motivieren.