: Wiederkäuen von Vorurteilen
betr.: „Herrchen, die bellen – beißen die auch?“, taz vom 11. 1. 01
[...] Habt ihr euch jemals gefragt, woher die starke Emotionalisierung der Debatte eigentlich kommt? Könnte es vielleicht etwas damit zu tun haben, dass erstmals nicht real begangene Straftaten verfolgt werden, sondern schon die potenzielle Möglichkeit von Straftaten?
In einer zivilisierten Gesellschaft werden Kampfhunde nicht gebraucht, ebensowenig wie Autos, die 200 km/h fahren, Springmesser und tausend andere Dinge auch nicht. Ich bin kein Freund so genannter Kampfhunde, ich möchte keinen haben, und die meisten Kampfhundbesitzer finde ich auch nicht gerade sympathisch. Aber wäre es für eine aufgeklärte Zeitung nicht ratsam, darauf zu bestehen, dass nur diejenigen bestraft werden, die auch etwas getan haben?
Natürlich gibt es ein Problem mit Kampfhunden, natürlich kann nicht hingenommen werden, dass bestimmte Menschen ihre Hunde gezielt als Waffe oder Drohung benutzen, aber heißt eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Thema nicht auch zu diskutieren, ob die vorgeschlagenen Mittel, ein Problem in den Griff zu bekommen, auch geeignet sind? So eine Debatte wünsche ich mir in „meiner“ Zeitung, nicht das ewige Wiederkäuen von Vorurteilen, wie sie mir so auch auf jeder Party begegnen.
Wisst ihr eigentlich, dass es in NRW nicht nur eine Liste 1, sondern auch eine Liste 2 von so genannten gefährlichen Hunden gibt, die nur an der Leine und nur mit Maulkorb auszuführen sind, dass darunter auch zum Beispiel Hirtenhunde fallen (aber zum Beispiel Schäferhunde nicht), dass es wissenschaftliche Anhörungen im Landtag gab, wo nicht einer der eingeladenen anwesenden Fachleute diese NRW-Hundeverordnung verteidigte, diese aber bis heute in Kraft ist. [...]
Wie gesagt, keiner soll unter Hunden leiden, eine Körperverletzung bleibt eine Körperverletzung, egal ob durch einen Hundebiss oder einen Messerstich. Ich möchte von fremden Hunden so wenig angesprungen werden, wie ich es liebe, von durch Pfützen fahrenden Autos nass gespritzt zu werden. All das kann und darf verfolgt werden, wie in den übrigen Bereichen des Lebens auch, aber damit ist es auch genug. LUTZ REITHMAYER, Dortmund
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