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Wiedergutmachung verschoben?

■ Die Versuche von SPD und Grünen, die Entschädigungsfrage für die Opfer des Nationalsozialismus noch vor der Bundestagswahl zur Anhörung zu bringen, ist gescheitert

Bonn (taz) - Eine Anhörung und damit einen Beschluß zum Thema „Wiedergutmachungen für die Opfer des NS–Regimes wird es in dieser Legislaturperiode nicht mehr geben. Die SPD–Bundestagsabgeordnete Renate Schmidt machte zunächst den Bundestagspräsidenten für das Scheitern des geplanten Hearings verantwortlich. Der Präsident hatte, wie zu erwarten war, das Hearing am geplanten Termin nicht genehmigt. Inzwischen wurde deutlich, daß der SPD diese Ablehnung sehr recht war, denn: „Es wäre allerdings auch zu befürchten gewesen, daß das Schicksal der NS– Verfolgten in den Wahlkampf gezogen würde und weitere wichtige Aspekte unberücksichtigt blieben, falls nicht alle Sachverständigen anwesend sein könnten, was aufgrund des kurzfristigen Termins noch im Dezember 1986 möglich gewesen wäre.“ (So Renate Schmidt in einer Presseerklärung) Marita Wagner von den Grünen warf der SPD daraufhin Wortbruch vor. Sie habe sich nicht ernsthaft um einen Alternativ– Termin für die Anhörung bemüht. Aus wahltaktischen Gründen riskiere sie, daß nun die Wiedergutmachungen für die NS–Opfer erst in zwei Jahren gezahlt würden. Die Grünen gehen davon aus, daß nach einem Hearing mit Betroffenen auch die CDU und die FDP im Bundestag die Wiedergutmachung beschlossen hätten. Vor dem Hintergrund der gescheiterten Anhörung und einer umstrittenen Rede von Familienministerin Süssmuth zum Thema bezeichnete Christian Ströbele den geplanten Flug einer Bundestagsdelegation kommendes Wochenende nach Auschwitz als „geschmacklos.“ Er finde es auch nicht richtig, daß die grüne Abgeordnete Antje Vollmer im offiziellen Bundestagsflieger mit von der Partie sein wird. Auch Henning Schierholz und Uli Fischer werde - allerdings mit dem Zug - nach Auschwitz fahren. Henning Schierholz: „Ich kann nur allen Grünen raten, nicht mit der Staatsdelegation zu fahren. Ich fahre als Privatperson hin, weil ich mich seit Jahren für die Jugendbildungsstätte eingesetzt habe. Die Aktion Sühnezeichen (Initiatorin der Begegnungsstätte) hätte besser im Vorfeld mit Frau Süssmuth deren Verantwortung für den Wiedergutmachungsbericht der Bundesregierung geklärt.“

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