■ Wieder kein letztes Wort zum Thema 218: Macht endlich ein Ende!
Ein Jahr nach dem Spruch der roten Roben bemühte sich gestern der Bundestag um ein letztes Wort zum 218. Doch das Gesetz, das die Koalitionsmehrheit gegen die Oppositionsparteien durchbrachte, wird nach dem Willen der SPD im Bundesrat scheitern und, unmittelbar vor der Bundestagswahl, vor den Vermittlungsausschuß gebracht.
Diese Aussicht ist noch unerfreulicher als das Anpassungswerk, zu dem die Verfassungsrichter die Abgeordneten genötigt haben. Die vormals Verbündeten haben sich darüber zerstritten, daß nach dem Urteil aus Karlsruhe Teile des 218-Gesetzes neu gefaßt werden müssen. Uta Würfel (FDP) und Inge Wettig- Danielmeier (SPD) haben vor zwei Jahren den großen Kompromiß über das Abtreibungsrecht geschmiedet. Gestern zankten sie über allerlei Einzelheiten, die den Kern der Reform von 1992 indes nur streifen. Die Differenzen um Beratung, Finanzierung und neue Strafrechtsnormen lauten summa summarum doch schlicht: Würfel will ein neues Karlsruhe auf jeden Fall vermeiden und neigt zur 105prozentigen Übererfüllung der diesbezüglichen Richter-Auflagen. Wettig-Danielmeier, die mit dem Kompromiß von 1992 schon an die äußerste sozialdemokratische Grenze gegangen ist, tendiert zur 95prozentigen Planuntererfüllung.
Die GesetzgeberInnen haben nicht mehr zu tun, als die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in Gesetzestexte zu fassen – bei äußerst geringen Spielräumen. Die Sache ist ärgerlich genug, und es leuchtet ein, daß die mit dem ursprünglichen Gesetz schon strapazierte SPD sich den Mühen der Kompromißsuche in diesem Fall nicht auch noch unterziehen mag. Doch einen grundsätzlichen Streit ist das Karlsruhe- Anpassungsgesetz nicht wert. Was eigentlich kann denn in einem Vermittlungsverfahren zwischen Bund und Ländern, gar einer Wahlkampfauseinandersetzung um den 218 Neues herauskommen? Der gesellschaftlich mögliche Kompromiß ist in zwanzigjähriger Diskussion ausgelotet und mit den Entscheidungen von Parlament und Verfassungsgericht festgezurrt worden. Die Frau entscheidet selbst, dieses Reformziel ist erreicht und auch vom höchsten Gericht akzeptiert worden.
Sollte die SPD auf neue Mehrheiten im Bundestag zielen, dann hindert sie niemand, sie später für bessere Finanzierungsmodelle oder einfachere Beratungsregeln zu nutzen. Wenn es denn soweit kommt. Doch Bundesrat und Vermittlungsverfahren, das heißt einfach Kleinkrieg. Und den hat das Reformwerk von Würfel und Wettig-Danielmeier wirklich nicht verdient. Tissy Bruns
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