piwik no script img

Wieder Tausende auf den Straßen Ost-Berlins

■ Zweiter Warnstreik der ÖTV: Zwischen 11 und 13 Uhr standen alle Räder still / Kein Angebot der Arbeitgeber

Ost-Berlin. Rund 10.000 MitarbeiterInnen des öffentlichen Dienstes haben sich gestern in Ost-Berlin an einer Kundgebung vor dem Gebäude des Ministerrats beteiligt. Umrahmt von einer 350 Meter langen Busschlange, forderten die GewerkschafterInnen den Abschluß von Tarifverträgen. Schon in der letzten Woche hatte die ÖTV in Ost-Berlin einen einstündigen Warnstreik veranstaltet. Gestern legten etwa 50.000 Mitglieder die Arbeit für zwei Stunden nieder. Zwischen 11 und 13 Uhr fuhren weder Busse, noch Straßen- und U-Bahnen. Auch die Buslinien zwischen beiden Teilen der Stadt wurden eingestellt. Die MitarbeiterInnen des Gesundheitswesens, der Justiz, der Feuerwehr, der Stadtwirtschaft, der Wasserversorgung und der Theater streikten ebenfalls. Für Notdienste war jedoch gesorgt.

Die ÖTV fordert für die 1,6 Millionen ArbeitnehmerInnen des öffentlichen Dienstes in der DDR eine Einkommenserhöhung von 350 DM, mindestens jedoch 30 Prozent, sowie einen Sozialzuschlag von 50 DM für jedes Kind. Außerdem sollen die Tarifstrukturen des bundesdeutschen öffentlichen Dienstes übernommen und Verträge über den Schutz der Arbeitsplätze und der Arbeitseinkommen gemacht werden. Am 3. September gehen die Verhandlungen weiter. Die öffentlichen Arbeitgeber hatten auch in der zweiten Verhandlungsrunde kein Angebot vorgelegt.

Auf der Kundgebung sagte der Berliner ÖTV-Vorsitzende Kurt Lange, die Forderungen der ÖTV „müssen aus dem Bundeshaushalt finanziert werden“. Er verwies auf das 100 -Milliarden-DM-Projekt „Jäger 90“. „Wenn für einen Bomber soviel Geld da ist“, sagte Lange, „dann muß auch Geld dafür da sein, den Beschäftigten in Berlin (Ost) und der DDR den Nettolohn zu sichern.“

Der stellvertretende ÖTV-Vorsitzende Wolfgang Warburg überbrachte seinen KollegInnen die Solidarität des Bundesvorstandes.

Im Gegensatz zu dem in der letzten Woche auf Ost-Berlin beschränkten Warnstreik, wurde gestern auch in anderen Städten der DDR die Arbeit im öffentlichen Dienst niedergelegt.

adn

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen