■ Wie man aus einer Mark viereinhalb Millionen macht: Ein Schnäppchen „aus Versehen“
Thale/Magdeburg (taz) – Wie man aus einer Mark ganz locker fast viereinhalb Millionen macht, dieses Kunststück hat jetzt der ehemalige niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht vorgemacht. Der hat soeben der Berliner Treuhandanstalt das Kinderferienheim Günthersberge für fast viereinhalb Millionen verkauft.
Dabei ist es noch gar nicht lange her, daß der Deal genau andersrum lief. Für eine schlappe Mark bekam Herr Albrecht von der Treuhand im vergangenen Dezember die Eisen- und Hüttenwerke Thale AG. Und „aus Versehen“ auch das Kinderheim, das zwar zum Betrieb dazugehörte, aber eigentlich vor dem Handel aus dem Gesamtpaket herausgenommen werden sollte. Aber das hat die Treuhand – absichtlich oder nicht – schlichtweg vergessen. Albrecht freute sich über das Schnäppchen und wollte es auch gleich versilbern. Fünf Millionen Mark verlangte er nun trocken vom Land Sachsen-Anhalt, das die Einrichtung eigentlich von der Treuhandanstalt kostenlos bekommen sollte. „Mit uns ist dieses Geschäft nicht zu machen“, wurde Sachsen-Anhalts Sozialminister Werner Schreiber störrisch und beharrte auf den Abmachungen aus den Verkaufsverhandlungen. Schweren Herzens griff die Treuhand tief in die Tasche und zählte Albrecht die Scheine auf den Tisch. Jetzt soll das Land Sachsen- Anhalt das Erholungsheim bekommen. Kostenlos wie abgemacht, versteht sich. In Magdeburg herrscht dennoch nicht nur eitel Freude. Von einem „ungeheuerlichen Vorgang“ zu Lasten der Treuhandkasse spricht die SPD- Landtagsfraktion, und die Kollegen von der PDS möchten das Ganze sogar als „Wirtschaftskriminalität“ verstanden wissen. Bei der PDS hat man nicht vergessen, daß Treuhand-Chefin Breuel einst als Ministerin bei Ernst Albrecht am Kabinettstisch in Hannover saß. Eberhard Löblich
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