Wie erleben Sie den Klimawandel? Folge 4: Wildheger Titus Mitau in Kenia :
Ort: Amboseli National Park in Südkenia
Klimawandel: Die Eiskappe des Kilimandscharo schrumpft
Betroffen: Menschen und Tiere am Fuß des Berges
Der Kilimandscharo verliert seinen Glanz. Vor zehn Jahren glitzerte die Eiskappe auf der Spitze von Afrikas höchstem Berg noch in der Sonne. Heute ist der Gletscher nur noch ein Tupfer. Seit 1912 hat sich die Eisschicht um 80 Prozent verringert, in 50 Jahren wird auch der letzte Rest verschwunden sein.
Am Fuß des Berges leben die Massai. Sie glauben, dass Gott auf dem Gipfel lebt. Oldoinyo Oibor („der weiße Berg“) nennen sie den Kilimandscharo: „Der Berg ist sehr wichtig für die Massai und andere Menschen und Tiere, die in der Region leben. Die Eisschicht auf dem Berg wird immer kleiner. Und das macht uns große Sorgen“, sagt Titus Mitau, Wildpfleger im Amboseli National Park nördlich des Kilimandscharo, in Kenia. Menschen und Tiere sind abhängig von seinem Schmelzwasser.
Früher reichte die 100 Meter dicke Eisschicht an manchen Stellen bis auf 4.000 Meter herab – aber das ist Vergangenheit und nur noch auf Fotos zu sehen. Es ist in den letzten Jahren voller geworden am Fuß des Kilimandscharo. Mehr Menschen versuchen, das Schmelzwasser für die Bewässerung der kleinen Äcker zu nutzen. Auch die Massai besitzen mehr Vieh als früher. selbst die Zahl der wilden Tiere hat zugenommen. 1970 wanderten gerade mal 500 Elefanten durch den Park, heute sind es 1.500 – zusammen mit den Bauern sind die Rüsseltiere die größten Verursacher der Entwaldung. Bauern holzen ab, um Äcker anlegen zu können. Elefanten stoßen Bäume um, damit sie an die Wurzeln kommen. „Ein paar Elefantenfamilien haben Amboseli schon verlassen und sind nach Tansania gelaufen – dorthin, wo sie genügend Wasser finden.“
Amboseli, 300 Kilometer südöstlich der kenianischen Hauptstadt Nairobi, ist ein populäres Wochenendziel für Touristen und Kenianer. Im Dezember 2005 waren durchschnittlich 4.000 Besucher pro Tag im Park. Titus Mitau sieht die Anziehungskraft des Parks als Bedrohung des fragilen Ökosystems: „Vielleicht müssen wir das Eintrittsgeld erhöhen, sodass weniger Gäste reinkommen. Das ist natürlich schade, aber die Natur hat dann weniger zu leiden.“
Das Klima in Afrika war schon immer launisch, aber in den letzten Jahrhunderten ist es extremer geworden. Wüstengebiete werden immer trockener, Regionen mit viel Regen werden immer nasser. Wissenschaftler können in der beinahe 12.000 Jahre alten Eisschicht des Kilimandscharo das Wetter ablesen, das in den letzten zwölf Jahrhunderten in dieser Region geherrscht hat – es gab jahrhundertelange Trockenzeiten, ohne dass die Eiskappe auf der Spitze verschwunden wäre. Wenn das in naher Zukunft passieren sollte, wird Titus Mitau seinen Job verlieren: „Das ist das Ende von Amboseli“, meint der Wildpfleger: „Tieren und Menschen werden wegziehen, es kommen keine Touristen mehr. Es wird dann still am Kilimandscharo.“
ILONA EVELEENS